Fußball

Marsch folgt auf Rose: Salzburg spielt mit dem Feuer

Meister Red Bull Salzburg ist auch mit der Lösung wichtiger Personalfragen den Wiener Großklubs Austria und Rapid einen Schritt voraus: Violett beschäftigt sich noch mit der Erstellung einen Shortlist von Trainerkandidaten für nächste Saison, Rapid schiebt die Entscheidung über die Nachfolge von Fredy Bickel als Sportchef vor sich her. In Salzburg steht nur fünf Tage nach der Bekanntgabe des Wechsels von Marco Rose nach der Saison zu Mönchengladbach sein Nachfolger als Cheftrainer fest: Die Wahl fiel auf den 45jährigen Amerikaner Jesse Marsch, derzeit noch Assistent von Ralf Rangnick bei RB Leipzig. Das Tempo zeigt, dass der überlegene Tabellenführer sich auf Roses Abschied schon länger eingestellt und vorbereitet hatte. Das spricht für Sportchef Christoph Freund. Aber mit der Bestellung von Marsch spielt Salzburg auch mit dem Feuer. Und das hat nichts damit zu tun, dass der aus Racine im US-Bundesstaat Wisconsin stammende Marsch der erste Amerikaner als Cheftrainer in Österreichs Bundesliga sein wird.

Sonntag hing beim 3:1 gegen Sturm Graz im Fansektor der Salzburger unübersehbar ein Transparent gegen Marsch. Einige Abobesitzer kündigten nach Roses Abschiedspressekonferenz an, kein neues mehr zu kaufen, sollte sich die Spekulationen um Rangnicks Co-Trainer als Nachfolger bestätigen. Sie bestätigten sich. Natürlich kann man die Entscheidung durchaus positiv kommentieren. Mit der Feststellung, Salzburgs Chefetage lässt sich anders als die im Westen Wiens von den Fans nicht unter Druck setzen und beeinflussen, wenn sie von einer Lösung überzeugt ist. Wie von der mit Marsch, weil mit ihm garantiert ist, den eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen. Aber man spielt doch mit dem Feuer.

Unter Rose entwickelte sich Salzburg zur Fußballstadt, vermittelte der Klub  das Gefühl, sein Eigenleben zu entwickeln, nicht mehr in der Red Bull-Rangliste punkto Wichtigkeit klar hinter RB Leipzig zu stehen und das tun zu müssen, was woanders entschieden wird,  Und genau das glauben mit der Bestellung von Marsch wieder viele mehr als  zuvor, was gar nichts mit den Qualitäten des Amerikaners zu tun hat.  Schon der Wechsel von Amadou Haidara im Jänner von Salzburg nach Leipzig, der bevorstehende von Hannes Wolf im Juli, nährten wieder den Verdacht, dass sich Salzburg den Befehlen aus Leipzig  von Boss Oliver Mintzlaff und Rangnick fügen muss. Wie zuvor bei Naby Keita, Marcel Sabitzer, Stefan Ilsanker, Dayot Upamecano, Konrad Laimer oder Peter Gulacsi. Die Wahl von Marsch als Roses Nachfolger wird sie in ihrem Glauben noch  bestärken.  Der Sager von Freund am Sonntag bei Sky, wonach Rangnick nichts mit Salzburg zu tun hat, er über solche Vermutungen nur schmunzeln könne, wird die Zweifel nicht beseitigen können. Im Gegenteil, viele Salzburg-Fans werden das nicht ernst nehmen.

Marsh war als Spieler einer von nur drei, der in der ersten 14 Jahren der Major League Soccer durchgehend aktiv war. Bei DC United in Washington, Chicago und CD Chivas. Zwei Länderspiele bestritt er für die USA. Als Trainer? Eine Saison Assistent beim US-Team, 2012 bei Montreal Impact, dann Pause bis 2015, als er bei der New Yorker Red Bull-Filiale anheuerte, dort drei Jahre blieb, im ersten Jahr zum Trainer der Saison gewählt wurde, ab 2016 mit Daniel Royer einen Österreicher und mit dem Deutschen Marc Rzatkowski einen Ex-Salzburger trainierte. Seit Sommer 2018 assistierte er Rangnick in Leipzig. Jetzt fühlt er sich geehrt, weil in Salzburg die Wahl auf ihn fiel. Der Kontakt zu Freund bestand schon seit Jahren, man stand ständig im Austausch. Wie gut Salzburg ist, merkte er auf Leipzigs Bank bei den zwei Niederlagen in den Gruppenspielen der Europa League: „Wir sind fachlich und menschlich von ihm überzeugt“, versicherte Freund, „er kennt unsere Philosophie und Art, Fußball zu spielen.“

Somit bleibt Adi Hütter der letzte österreichische Trainer bei Salzburg, der für Red Bull-Ansprüche gut genug war. Aber er hörte nach einer Saison mit dem Double 2015 bekanntlich auf, weil er unter anderem mit der vorgegebenen Red Bull-Strategie von Rangnick nicht immer einverstanden war. Warum auch immer, der ist bei den Salzburg-Fans trotz seiner Verdienste um den Klub eine Reizfigur. Jetzt haben viele den Eindruck, Rangnick habe Marsh nach Salzburg geschickt, weil er als Assistent beim künftigen Leipzig-Trainer Julian Nagelsmann kein Thema war. Daher wird der Amerikaner anfangs keinen leichten Stand haben. Wird nur mit Erfolgen argumentieren können. Das trifft aber eigentlich auf alle Trainer zu. Interessant wird die Wahl seiner Assistenten. Denn nur Rene Aufhauser und Herbert Ilsanker bleiben aus dem Rose-Team übrig.

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