Nur 16 Punkte aus zehn Runden, also 14 liegen gelassen, neun hinter Platz eins – hieße Rapids Trainer noch Zoran Barisic, wäre in Hütteldorf jetzt die Hölle los. So wird es nach der desaströsen Leistung in Ried, speziell dem leblosen Auftritt in den ersten 25 Minuten nur unruhig, wie Barisic-Nachfogler Mike Büskens nach einer Leistung, die er als nicht akzeptabel bezeichnete, wusste. Aber ihn nach dreieinhalb Monaten für alles verantwortlich zu machen, ist der falsche Ansatz. Präsident Michael Krammer wird sich vor der routinemäßigen Präsidiumssitzung hinterfragt haben, ob es richtig war, dass er Sportvorstand Andreas Müller alles gewähren ließ. Müllers Büro hieß 1986 ein Kultfilm von Niki List, eine Krimiparodie. Rapids Vorstellung im Innviertel war auch eine Parodie: Auf die eigenen Ansprüche, auf die Kampfansage zur Mission 33, dem ersten Meistertitel seit acht Jahren unter Peter Pacult.
Müllers Büro ist aktuell sicher eine Rapid-Problemzone. Dort fielen Entscheidungen, die nicht gut waren. Auch gegen die Meinung des Trainerteams um Barisic. Etwa Deni Alar, der als Antwort auf das Ende bei Rapid Sturm auf Platz eins schoss. Wobei man zugeben muss, dass es im Frühjahr Argumente gab, den Vertrag mit dem 26jährigen nicht zu verlängern. Aber falsche Personal-Entscheidungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die letzten zwei Saisonen. Angefangen vom Grödig-Trio Huspek, Nutz und Tomi, das keine allzu große Hilfe bedeutete. Dann die Situation mit fünf Innenverteidigern, die Verträge für neun Ausländer, davon vier Mittelstürmer, die nur auf einer Position einsetzbar sind. Sind die wirklich besser als ein Alar oder Prosenik, der Rapid seinen Karriereneustart, zu dem ihm Barisic und Müllers Vorgänger Helmut Schulte verhalfen, zu verdanken hat, mit dem man aber, inklusive Barisic, die Geduld verlor? Von der Philosophie, junge Spieler zu forcieren, merkt man nur mehr wenig. Wenn man Szanto als positives Beispiel dafür bezeichnet, kann man mit dem Namen Malicsek und Wöber kontern. Beides herausragende Spieler in Österreich U 19-Team auch bei der Euro-Endrunde, aber in Hütteldorf wird die Karriere zumindest aktuell blockiert. Denn es hilft der Entwicklung von Malicsek (letzte Saison bei Admira 30 Bundesligaspiele) und Wöber gar nicht, bei Rapid II in der Regonalliga zu spielen.
Die teuersten Einkäufe der Klubgeschichte, die Müller zu verantworten hat, brachten Grün-Weiß bisher keinen Schritt weiter. Die vielen Ballkontakte hatte Ivan Mocinic bisher meist in der eigenen Hälfte, oft sogar zwischen den Innenverteidigern. Nach vorne passiert viel zu wenig. Rapids Ehrenkapitän Heribert Weber teilt diese Kritik, gibt aber zu bedenken: „Auch Brucic und Kranjcar brauchten in den Achtzigerjahren sechs Monate zur Eingewöhnung, ehe sie zu großen Stützen wuchsen. Dann kamen wir mit ihnen bis ins Europacupfinale.“ Da können die Rapid-Fans nur hoffen, dass Weber bei Mocinic und Arnor Traustason, der beim Derbysieg über Austria bis zu seiner Verletzung überzeugen konnte, recht behält. Sonst hat Müller zu teuer eingekauft.
Müller bezeichnete die Leistung in Ried als blamabel, nahm aber seine Trainerwahl Büskens in Schutz, die Spieler in die Pflicht. Müller bemerkte vor der Blamage die richtige Einstellung mit dem nötigen Feuer – das erlosch dann aber viel zu schnell. Rapids Chance liegt nach der Länderspielpause in den nächsten drei Spielen, alle im neuen Hütteldorfer Stadion. Zunächst der Sensationszweite Altach, dann in der Europa League gegen Sassuolo (Sonntag auswärts gegen Milan 3:1 geführt, aber 3:4 verloren) und das erste Derby im neuen Zuhause gegen die Austria. Wenn da nicht die Wende gelingt, dann wird´s richtig ungemütlich. Für alle Beteiligten.
Und wie immer in Misserfolgsphasen macht rasch die Meldung von schlechter interner Stimmung die Runde. Die Chemie zwischen Mannschaft und Trainerteam soll nicht mehr so gut wie zuvor sein. Aber das Trainerteam blieb im Vergleich zur letzten Saison bis auf Barisic unverändert.