War das enttäuschende 1:1 gegen Moldau im Linzer Stadion fünf Tage vor dem viel wichtigeren EM-Qualifikationsspiel gegen Schweden in Stockholm nur ein Warnschuss zur richtigen Zeit oder doch ein dezenter Hinweis darauf, dass die Mannschaft nicht so gut ist, nicht so viel Qualität hat, wie es auch Teamchef Ralf Rangnick (Bild) bisher immer prophezeite? Die schwache Leistung, speziell vor der Pause, nur als Betriebsunfall der sogenannten zweiten Garnitur abzutun, wäre ein falscher und auch gefährlicher Ansatz. Denn die erste spielte im März beim 2:1 gegen Estland eigentlich nicht entscheidend besser. Da täuschte der glückliche Sieg durch ein spätes Tor über manchen Leerlauf hinweg. Die Parallele zu Moldau: Auch damals wurde Kapitän David Alaba erst zur zweiten Hälfte eingewechselt. Weil Österreich 0:1 zurücklag.
Die Behauptung, es wäre am besten gewesen, vor Schweden gar nicht mehr zu spielen, geht einfach an den Fakten vorbei. Weil einfach gespielt werden musste. Der ÖFB kassiert durch die zentrale Vermarktung der UEFA nicht so wenig Geld und muss daher zehn Spiele im Jahr bestreiten. Auch an Terminen, die nicht durch die EM-Qualifikation besetzt sind. Die Gegner kann der Fußballbund selbst aussuchen. Auf Wunsch von Rangnick wurde einer ausgesucht, den Österreich eigentlich im Griff haben sollte. Und wurde der Donnerstag-Termin gewählt, um vor dem Spiel im Friends Stadium des Stockholmer Stadtteils Solna zwei Tage mehr Regeneration zu haben als die Schweden. Die Samstag in der Qualifikation in Tallinn auf Estland treffen. Rangnicks Assistent Lars Kornetka wird zwecks Beobachtung vor Ort sein. Drei Stunden zuvor spielt Belgien in Baku gegen Aserbaidschan. Ohne Klassetormann Thibault Courtois und Mittelfeldstar Kevin de Bruyne. Courtois wird nach einem Kreuzbandriss dieses Jahr nicht mehr spielen, de Bruyne wegen einer Muskelverletzung im Oberschenkel auch im Oktober gegen Österreich im Happel-Stadion nicht dabei sein.
Rangnick kritisierte in seiner Enttäuschung einige Spieler hart. Kevin Danso habe nie an seine starke letzte Saison erinnert, ihn habe er noch nie so schwach gesehen. Bei Debütant David Schnegg ärgerte sich der Teamchef über den Fitnesszustand, weil der 24 jährige Linksverteidiger im Finish platt war. Was zu Beginn einer Saison nicht passieren dürfe. Die Viererabwehr habe in der ersten Hälfte beim Spielaufbau eigentlich versagt. Um der Wahrheit die Ehre zu eben, gab es aber auch kaum Anspielstationen. Der Teamchef selbst müsste sich hinterfragen, ob es klug war, im Vorfeld zu erklären, das wichtigste beim Spiel gegen Moldau sei es, keine Körner für Stockholm zu verschießen. Nichts zu tun, was den Erfolg gegen Schweden gefährden könnte. Sicher haben diese Sager einige Spieler registriert und sich darauf eingestellt.
Rangnick erhofft auf eine November-Neuauflage. Ein schwacher Test in Marbella beim 1:0 gegen Andorra, wenige Tage darauf ein bemerkenswertes 2:0 gegen Europameister Italien im Happel-Stadion. Der zwar damals sicher nicht gerne in Wien verlor, nur ging es in diesem Spiel um die berühmte goldene Ananas, nicht um die Qualifikation für eine EM-Endrunde. Also kann man Dienstag von den Schweden mit dem Heimvorteil mehr Kampfkraft und Aggressivität erwarten als von den Italienern vor zehn Monaten. Ob Marko Arnautovic auch in Stockholm so glänzen kann wie damals? In Linz hatte man nicht den Eindruck, dass er dazu die nötige Fitness hat. Er wirkte alles anderes als spritzig. TV-Zuseher Herbert Prohaska fiel unter anderem auf, dass der Inter-Legionär fast jeden Ball prallen ließ, nur wenige annahm.
Welche Auswirkungen hat die Linzer Enttäuschung auf die Besetzung für Stockholm? Als Fixstarter kann man Tormann Alexander Schlager, in der Abwehr Stefan Posch, Kapitän David Alaba und Max Wöber sehen, im Mittelfeld Konrad Laimer trotz Durchhänger in Linz sowie Xaver Schlager und Marcel Sabitzer ganz vorne Michael Gregoritsch. Blieben noch vier Positionen offen. Die Entscheidung hängt auch davon ab, ob Österreich im4-4-2 oder im 4-2-3-1 beginnt. Die Offensivpositionen an den Flügeln müssten besser besetzt werden als gegen Moldau. Das würde für den schnellen Patrick Wimmer sprechen. Donnerstag fehlte er, weil er am Wochenende davor erkrankt war. Elf Tage danach dürfte dies aber keine Rolle mehr spielen.
Foto: Mario Urbantschitsch.