Deutschland ist als Veranstalter zwar fix für die Europameisterschaft qualifiziert, aber für den Teamchef geht es Samstag und Dienstag um alles. In den Länderspielen gegen Japan in Wolfsburg und Frankreich in Dortmund muss Hansi Flick, der vor drei Jahren mit Bayern München das Triple gewann, mit Siegen aus der Krise kommen. Sollte es erneut einen Flop wie im Juni gegen die Ukraine (3:3), Polen (0:1) und Kolumbien (0:2) geben, gilt sogar ein Jobverlust als wahrscheinlich. Zumindest hat es „Bild“ vor den Flick-Endspielen so formuliert.
Zum Start seiner Ära feierte Flick acht Siege. Das bedeutete Rekord eines Bundestrainers. Die Gegner (Liechtenstein, Armenien, Island, Nordmazedonien, Rumänien, Israel) gehörten allerdings nicht zur europäischen Spitze. Nach 24 Spielen sieht die Bilanz nicht mehr gut aus: Zwölf Siege, sieben Unentschieden, fünf Niederlagen. Damit holte er nur 1,79 Punkte pro Spiel. Einen schlechteren Schnitt hatte nur Erich Ribbeck nach 24 Partien zwischen Oktober 1998 und September 2000 (1,50). Flick machte die von ihm ausgerufene Experimentierphase, etwa mit der Dreierkette in der Abwehr, für so manche Enttäuschung verantwortlich: „Es gab eine Zäsur, jetzt beginnt eine neue Phase. Auch wenn die Ergebnisse nicht optimal waren, wir sind weiter gekommen.“ Vor allem gegen Japan muss die Revanche für die 1:2-Vorrundenpleite nach 1:0-Führung bei der WM in Katar, die für das blamable Aus nach der Gruppenphase sorgte, gelingen. „Hansi weiß: Jetzt zählt´s“, behauptete DFB-Sportdirektor Rudi Völler, „ich will sehen, dass jeder brennt. Von der ersten Minute an.“
Mittwoch ging es in einem internen Test über dreimal zwölf Minuten gegen die deutsche U 20 zur Sache. Die Überraschung: Flick scheint Joshua Kimmich aus dem Mittelfeld abzuziehen, er muss wie zu Beginn seiner Karriere rechts in der Viererkette verteidigen. Das erinnerte an den deutschen WM 2014, als Flicks Vorgänger Jogi Löw den damaligen Kapitän Philipp Lahm überredete, aus dem Mittelfeld in die Abwehr zurückzugehen. So wurde Deutschland dann Weltmeister. Mit Verteidiger Kimmich Europameister? Durch die Verletzung des neuen Dortmund-Stürmers Niclas Füllkrug ist erstmals seit der WM Bayern-Ikone Thomas Müller wieder dabei. Es scheint aber, dass für den 33 jährigen kein Platz in der Startelf frei sein wird. Freitag überraschte Flick mit einem neuen Kapitän. Dazu bestimmt er Barcelona-Legionär Ilkay Gündogan.
Und falls es wieder schief geht? Dann hat „Bild“ schon zwei „Schatten-Bundestrainer“ parat. Einer ist Ex-Bayern-Trainer Julian Nagelsmann, der andere Oliver Glasner. Der 49 jährige pausiert seit seinem Ausstieg bei Eintracht Frankfurt vor drei Monaten. Er wäre der erste Ausländer als deutscher Teamchef. Ein Österreicher bei der Europameisterschaft Teamchef von Deutschland, ein Deutscher (Ralf Rangnick) von Österreich? Das wäre schon eigenartig.
Foto: UEFA.
