Fußball

„Salzburg für Arme“: Die Idee hinter dem Österreicher-Einstieg bei Viktoria Pilsen

Der Schweizer Millionär Martin Dellenbach, der Obmann beim steirischen Zweitligisten Lafnitz ist, 20 Prozent der Hartberg GmbH besitzt, drei Österreicher mit Rapid-Vergangenheit und ein auf Kartellrecht spezialisierter Anwalt steigen beim tschechischen Spitzenklubs Viktoria Pilsen ein: Das machte Freitagabend die Runde, ist auch auf der Homepage des Dritten der tschechischen 1.fotbalova Liga über den Einstieg von „majority owners“ (Mherheitsbesitzern) nachzulesen. Die Österreicher sind Martin Bruckner, von 2019 bis 2022 Präsident von Rapid, ehe er nach der Blamage gegen Vaduz resignierte, die Kandidatur zur Wiederwahl zurückzog, Raphael Landthaler, 2021 Vorstand der Bundesliga, zuvor von 2015 bis 2020 unter den Präsidenten Michael Krammer und Bruckner Finanzchef von Rapid und Ex-Rapid-Tormann Raimund Hedl. Anwalt Stephan Polster kommt von der renommierten Wiener Kanzlei Dorda. Dass er mit im Boot ist, riecht etwas nach einer Treuhandbeteiligung.

Bruckner fand zehn Monate nach dem Ausstieg bei Grün-Weiß ein Projekt, das ihm Spaß macht. Bei dem sicher Landthaler (Bild) eine Schlüsselfigur ist: Nach den fünf Jahren bei Rapid, in denen er bei Wünschen von fünf Trainern (Zoran Barisic, Mike Büskens, Damir Canadi, Goran Djuricin und Didi Kühbauer) und drei Sportchefs (Andreas Müller, Fredy Bickel und Barisic) öfters auf die Bremse stieg, wollte er 2021 als zweiter Vorstand die Bundesliga reformieren. In Richtung Digitalisierung. Während der Corona-Zeit. Über die Strategie gab es wenig Übereinstimmung mit dem ersten Vorstand Christian Ebenbauer. Daher kam es schon nach wenigen Monaten zur einvernehmlichen Trennung. Landthalers Position wurde nicht nachbesetzt, Ebenbauer blieb alleiniger Vorstand.

Landthaler, der auch in der European Club Association tätig war, wollte aber im Fußballgeschäft bleiben. Auf der Suche nach einer Möglichkeit kam er offenbar mit Dellenbach in Kontakt. Woran ein anderer ehemaliger Bundesligavorstand (Georg Pangl) etwas beteiligt gewesen sein soll. Die „Zusammenarbeit“ zwischen Dellenbach und Landthaler endete über den Umweg Hartberg und Lafnitz mit dem Einstieg bei Pilsen. Die Idee dahinter: Eine Art Modell „Salzburg für Arme“. Zumal an Dellenbachs Seite der Holländer Percy van Lierop ist. Sie kennen sich aus gemeinsamen Zeiten beim FC Basel. Lierop war 2011/12 Nachwuchschef bei Red Bull Salzburg, zuvor einige Jahre Nachwuchs-Koordinator. Jetzt ist er bei Lafnitz Direktor für Entwicklung.  In Salzburg gibt es eine Akademie, dann einen Klub in der zweiten Liga (Liefering), den Vorzeigeklub in der Bundesliga mit dem Serienmeister, als nächsten Schritt RB Leipzig. Wie zuletzt bei Benjamin Sesko und Nicolas Seiwald.

„Salzburg für Arme“ bedeutet: Es beginnt mit der Akademie in Hartberg, die mit Lafnitz kooperiert. Wer sich beim Zweitligisten empfiehlt, kommt nach Hartberg in die Bundesliga. Der nächste Schritt wäre dann Viktoria Pilsen. Sechsmal zwischen 2011 und 2022 Meister (im Frühjahr 2018 war Österreichs Ex-Teamkapitän Andreas Ivanschitz nach einem Meistertitel mit den Seattle Sounders in der Major Soccer League dabei), viermal Champions League-Teilnehmer, letzte Saison mit je 17 Punkten Rückstand auf Meister Sparta Prag und Vizemeister Slavia Prag Dritter. Die Rapid-Fans verbinden Pilsen sicher mit dem legendären Stolpertor von Philipp Schobesberger zum 2:1-Sieg im November 2015 über Viktoria in der Doosan Arena, die gleich neben der berühmten Bierbrauerei liegt. Durch das Rapid in der ersten Trainerära von Barisic zum ersten und bisher einzigen Mal Gruppensieger in der Europa League wurde. Damals bejubelten Bruckner und Landthaler noch ein Tor gegen Pilsen. Jetzt gehört Landthaler mit dem Tschechen Adolf Sadek und Dellenbach zur Geschäftsführung.

Bei all diesen Ideen und Synergie-Plänen bleiben aber doch Zweifel. Nämlich, ob via Pilsen ähnlich viele Spieler den Weg in Europas Topligen finden können und werden wie über Salzburg.

 

 

Foto: Privat.

3

Meist gelesen

Nach oben