Spiel des Jahres am Mittwoch Abend für den FC Salzburg, wie Österreichs Meister in internationalen Bewerben heißt. Das Nachbarsduell gegen Bayern München, zu dem es durch eine Auslosungspanne erst im zweiten Anlauf kam (im ersten wäre Liverpool der Gegner gewesen) ist an Emotionen und Spannung nicht zu überbieten. Ein Zweikampf zwischen David und Goliath. Bei dem Salzburg nur einen großen Vorteil hat: Der Druck liegt einzig und allein bei Bayern. Salzburg hatte als jüngstes Team in der Königsklasse zuletzt Druck, wie Trainer Matthias Jaissle zurecht feststellte, im August. In der Qualifikation gegen seinen Ex-Klub Bröndby Kopenhagen. Seither nicht mehr. Und gegen Bayern schon gar nicht. Man muss nur auf die Gruppenspiele schauen: Bayern feierte sechs Siege, kam auf 22:3-Tore, Salzburg gewann „nur“ dreimal, erzielte acht Treffer, kassierte sechs.
Seit Montag ist Salzburgs Premiere in der k.o.-Phase der Champions League ein heißes Thema auf den TV-Kanälen. Egal ob bei Sky, Servus-TV oder bei DAZN. Da gab es schon interessante Töne. Hermann Gerland, bei Bayerns zwei Triumphen in der Königsklasse 2013 und 2020 als Co-Trainer dabei, würde es sehr überraschen, sollte Bayern keine Topleistung bieten. Ex-Bayern-Spieler Didi Hamann in Sven Ulreich, dem Ersatz von Manuel Neuer im Tor, einen Unsicherheitsfaktor, den Salzburg nützen müsse. Ohne Neuer, Leon Goretzka und Alphonso Davies sei Bayern sicher nicht die beste Mannschaft Europas und unbezwingbar. Admiras Trainer Andreas Herzog mit Bayern-Vergangenheit bezeichnete Salzburg als eine Klasse besser als Bochum, den Bayern-Bezwinger vom letzten Samstag. Sandro Wagner, der ehemalige Bayern-Stürmer, sah in Salzburgs Art von Fußball mit jungen, aggressiven Spielern gegen den Ball eine wirksame Waffe gegen das Münchener Starensemble und schwärmte von Mittelfeldmotor Mo Camara: „Unglaubliches Laufvermögen und Zweikampfverhalten, ein Sensationsspieler.“ Wagner verglich ihn mit N´golo Kante, Frankreichs Weltmeister in Diensten von Chelsea.
Was Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß Montag Abend beim „Talk aus dem Hangar 7“ bei Servus TV sagte, war Dienstag das Gesprächsthema in München. Weniger die Attacke auf den von ihm ausgesuchten Vorstandchef Oliver Kahn, weil sich der eine Bundesligareform mit Play offs vorstellen konnte, sondern die Behauptung, in Bayerns Mannschaft sei die Stimmung zu gut, fehle es an der nötigen Reibung. Das führe dazu, gegen vermeintlich schwächere Gegner nur mit 50 oder 70 Prozent zu spielen. Trainer Julian Nagelsmann stimmte dem 15 Stunden später auf Bayerns Pressekonferenz zu. Und meinte: „Reibung kann man auch durch Aktivitäten am Transfermarkt erzeugen!“ Die es im Winter nicht gab, obwohl sie Nagelsmann gerne gesehen hätte. Bayerns nach der Bochum-Pleite hart kritisierte Innenverteidiger Dayot Upamecano, Niklas Süle und Lucas Hernandez kosteten zusammen 157,5 Millionen Euro Ablöse.
Laut Statistik hat Bayern wenig zu befürchten. Die letzte Niederlage gegen einen österreichischen Klub gab es 1967 im Wiener Stadion gegen Rapid mit 0:1 durch ein Kopfballtor des späteren Bayern-Legionärs Gustl Starek. Die Austria schaffte 1985 und 1986 jeweils ein Unentschieden, das war es aber schon. Salzburgs Bilanz gegen Klubs der deutschen Bundesliga liest sich gar nicht so schlecht: Vier Siege, zwei Unentschieden, fünf Niederlagen. Sportchef Christoph Freund erkannte bei seiner Mannschaft gegenüber den letzten Duellen gegen Bayern eine Steigerung: „Damals passte die Balance zwischen Defensive und Offensive nicht. Da haben wir uns verbessert, sowohl international aus auch in der Liga weniger Tore bekommen.“
September
Mit dem Schiedsrichter machten sowohl Salzburg als auch Bayern schon gut Erfahrungen: Der 36 jährige Engländer Michael Oliver pfiff im August 2020 in Tel Aviv bei Salzburgs 2:1 in der Qualifikation gegen Maccabi, vor fünf Monaten bei Bayerns souveränem 3:0 im Nou Camp gegen den FC Barcelona.

