Erstmals seit 21 Jahren spielt Montag eine österreichische Mannschaft im Finale eines europäischen Bewerbs, insgesamt zum fünften Mal. Wenn es auch nur die „Youth League“ ist, man kann nicht hoch genug einschätzen, was Salzburg mit dem Siegeszug gegen Manchester City, Paris St. Germain, Atletico Madrid und FC Barcelona geleistet hat. Den Jungbullen ist auch zutrauen, es in Nyon am Genfer See besser zu machen als ihre drei Vorgänger: 1978 ging die Austria im Pariser Parc de Prince im Finale des Europacups der Cupsieger unter Trainer Hermann Stessl mit Kapitän Robert Sara, Erich Obermayer, Herbert Prohaska, Ernst Baumeister und dem 100jährigen Sturm Thomas Parits, Hans Pirkner und Julio Morales gegen Anderlecht 0:4 unter. Sieben Jahre später hatte Cupsieger Rapid unter Otto Baric in Rotterdam gegen Everton auch nicht viel zu melden, konnt nur das schönste Tor des Endspiels für sich beanspruchen, mit dem Hans Krankl den Endstand zum 1:3 besorgte. 1994 lieferte Austria Salzburg mit Otto Konrad im Tor, Heribert Weber, Wolfgang Feiersinger, Adi Hütter, Peter Artner,Heimo Pfeifenberger und Nicola Jurcevic im UEFA-Cup zweimal Inter Mailand einen Riesenkampf, verlor in Wien und San Siro jeweils 0:1, in Mailand pendelte ein Schuss des Brasilianers Marquinho bei 0:0 von einer Innenstange zur anderen, sprang von wieder zurück ins Feld. Aber da war Baric dem größten Triumph seiner Trainerkarriere viel näher als mit Rapid. Grün-Weiß versuchte es zwei Jahre später in Brüssel zum zweiten Mal im Cupsiegerfinale. Trainer Ernst Dokupil ärgert auch zu seinem 70. Geburtstag am Montag das 0:1 noch immer: „Das Match war zum Gewinnen.“ 20.000 Rapid-Fans und Bundeskanzler Franz Vranitzky litten live mit.
Von der Statistik her müssten es die Salzburger Hoffnungen besser machen: Sie erzielten am Weg ins Endspiel bisher 27 Tore, kassierten nur vier. Benficas Torverhältnis heißt 18:8, also weniger Tore geschossen, aber doppelt so viel bekommen. Auch Salzburg polnischer Keeper Bartolomej Zynel war im Semifinale weniger oft beschäftigt als Fabio Duarte bei Benfica. Insgesamt waren Salzburger Torhüter Zynel und Antosch bisher nur zu 12 Paraden gezwungen, Duarte hingegen zu 36. Salzburgs Trainer Marco Rose: „Wir werden an den letzten kleinen Schrauben drehen, um die letzten Prozente Teamgeist herauszukitzeln. Meine Jungs sind heiß.“ Und die Besetzung ist besser als am Freitag: Mit dem gesperrt gewesenen Linksverteidiger Gideon Mensah kommt eine Stütze dazu.
Salzburgs deutscher Nachwuchschef Ernst Tanner hat recht: Auf diesem Level hält Salzburg mit Europas Topklubs mit, übertrifft sie sogar. Aber das ergibt auch eine Verpflichtung über das Finale hinaus. Weniger für die Perlen aus Brasilien wie Igor, Afrika (Haidara, Mensah, Daka), sondern für die jungen Österreicher wie Hannes Wolf, Oliver Filip, der wegen der bevorstehenden Matura fehlt, oder Sandro Ingolitsch: Die müssen weiter so gefördert und ausgebildet werden, müssen über die Kampfmannschaft zu österreichischen Teamspielern wachsen. Ob sie das dann noch im Sazburg-Dress oder als Legionäre schaffen, muss egal sein. Wolf spielte ja schon einige Minuten in der Bundesliga. Und es gibt Beispiele, dass Salzburg für diesen Weg das richtige Rezept hat. Eines ist der etatmäßige, aber derzeit verletzte Kapitän dieser Jungbullen, Xaver Schlager. Selbst der Ausfall des Assistkönigs stoppte den Höhenflug nicht. Konrad Laimer, nur vier Monate älter als Schlager, haben bereits einige europäische Klubs am Einkaufszettel. Nicht nur Leipzigs Sportchef mit Salzburg-Bezug, Ralf Rangnick.