Rapid sorgte mit dem Überraschungssieg gegen Red Bull Salzburg nicht nur für noch mehr Spannung im Kampf um den ominösen Strich, sondern auch bei manchem Wettanbieter für einen gebrauchten, eher verlustreichen Sonntag. Die Quoten auf die ersten Sieg über den Meister seit dreieinhalb Jahren standen ja hoch. Dazu sind Rapid-Fans immer optimistisch. Das erkannte man auch an den Reaktionen auf die erste Runde dieses Jahres: Bei tipp 3 glauben wieder 74 Prozent der Kunden an Rapids Sprung unter den ersten sechs. Die Quote darauf sank auf 3,00, schon in Nähe von St.Pölten und Austria (je 1,10), Wolfsberg (1,25) und Sturm Graz (1,30).
Die Prognose „jetzt werden wir es schaffen“ hörte man Sonntag Abend in Hütteldorf nur selten. Didi Kühbauer meinte lediglich, dieser Sieg werde neue Kräfte frei setzen, die man dringend benötigen würde, um auch die nächsten die Spiele zu gewinnen. Den Sieg aber erst möglich machte die Tatsache, dass Rapid schon zuvor neue Kräfte frei machte. Nämlich in der Vorbereitung. Selbst bei den Pleiten gegen Inter Mailand merkte man das, was auch der klare Cupsieg gegen Hartberg zum Vorschein brachte: Rapid ist fitter als im Herbst, läuferisch stärker, wirkt spritziger und aggressiver. Damit ist auch die Arbeit gegen den Ball besser. Wer immer Kühbauer bereits im Herbst den Ratschlag gab, den zur zweiten Mannschafte „verbannten“ Fitnesstrainer Alex Steinbichler zurückzuholen, erwies ihm und der Mannschaft einen guten Dienst. Rapids Steigerung in Sachen Fitness kann sich auch Steinbichler auf seine Fahnen schreiben.
„Der Sieg bringt uns neuen Schwung“, prophezeit auch Kapitän Stefan Schwab. Hoffentlich auch ihm. Das Tor müsste ihm zudem mehr Selbstvertrauen zurückgeben. Vor der Pause wirkte er noch mitunter völlig von der Rolle. Drei Tage zuvor bedeutete für ihn der Platz auf der Bank in Mailand sicher einen Tiefschlag, nach dem er alle Interviews verweigert hatte. Statt Frust zu schieben, schoss er ein wichtiges Tor: „Wer mir im Training zeigt, frustriert zu sein, weil er nicht spielte oder nur von der Bank kam, erhöht seine Chancen auf einen Einsatz garantiert nicht“, stellte Kühbauer fest. Da auf Rapid keine englischen Wochen warten, fällt das Thema Rotation flach. Sonntag mussten Deni Alar, Mateo Barac und Srdjan Grahovac auf die Tribüne. Andererseits ist Kühbauer auch keiner, der die Ansicht vertritt, man dürfe nie aus freien Stücken eine siegreiche Formation verändern.
Die nächste Aufgabe für Rapid heißt Samstag St. Pölten. De Mannschaft die Kühbauer sensationellst auf Platz zwei geführt hatte, er sie in Richtung Hütteldorf verließ. St.Pölten erwartet Massenbesuch. Einige erinnern sich ungern und mit Ärger daran, wie resolut Kühbauer letzten September um seine Freigabe für Rapid kämpfte. Einige wollen sogar wissen, dass er in Begleitung eines Anwalts zum entscheidenden Gespräch aufgetaucht war. Andererseits kassierte St.Pölten für ihn danach die höchste Ablöse der Klubgeschichte. Samstag kann Kühbauer durch einen Sieg mit Rapid sein sportliches Erbe bei St.Pölten in Gefahr bringen. Aber keiner weiß besser als er, wie man in St.Pölten gewinnen kann.