Österreichs Ex-Teamchef Marcel Koller fühlte sich bei seiner Premiere im WM-Studio des ORF am Küniglberg an eine seiner bittersten Stunden erinnert, an das k.o. bei der Europameisterschaft am 22.Juni 2016 mit dem 1:2 gegen Island im Stade de France von Paris. Zwei Jahre später wollte er das 1:1 (1:1) der Inselkicker bei ihrem WM-Debüt gegen Vizeweltmeister Argentinien in der Okrytie-Arena von Moskau, wo Koller mit Österreich in der EM-Qualifikation Russland im Juni 2015 1:0 besiegt hatte, gar nicht als Überraschung sehen, obwohl es in Wahrheit die erste dieser Titelkämpfe war: „Sie haben wieder so kompakt gespielt wie damals gegen uns. Das ist es schwer. Argentinien wird sich gegen Nigeria und Kroatien leichter tun, auch Lionel Messi.“
Zehn Spieler, die in Paris den Sieg über Österreich feierten, bejubelten Samstag in Moskau das Unentschieden wie einen Sieg. Für Argentinien war es eine gefühlte Niederlage wie damals für Österreich. Gegen das kleinste Land, das jemals an der Endrunde teilnahm. Bei dem sass anders als in Paris nicht der Schwede Lars Lagerbäck als Chef auf der Bank, sondern sein damaliger Assistent Heimir Hallgrimsson. Ein Zahnarzt, der seine Praxis auf der Insel Heimaey weiterhin betreibt. Sein Assistent ist auch in Österreich bekannt: Helge Kolvidsson war Spieler bei Austria Lustenau und FC Kärnten, Trainer in Lustenau, bei Wr.Neustadt und Ried. Bei den letzten zwei Stationen musste er schon nach sieben und sogar drei Monaten gehen. Jetzt jubelt er bei der Weltmeistrschaft.
Wie in Paris so waren in Moskau die Fans aus Island auf den Rängen überlegen. Damals gegen 30.000 Österreicher, gestern gegen fast so viele Argentinier. Die isländischen „Huh“-Kampfrufe waren anfangs nicht zu hören. Anders als in Paris gingen die Isländer gegen Argentinien nicht in Führung,sondern gerieten in Rückstand. Aber rasch gelang der Ausgleich, durch einen, der in Paris nicht dabei war: Durch Alfred Finnbogason (oben im Bild rechts mit Nummer 11), bei Augsburg Mitspieler der Österreicher Martin Hinteregger, Michael Gregoritsch und Kevin Danso. Gregoritsch und Finnbogason gelten als eines der torgefährlichsten Duos der Bundesliga. So wie in Paris gab es einen Elfer gegen Island: Vor zwei Jahren traf Aleksandar Dragovic nur die Stange statt zum 1:1, in Moskau scheiterte Topstar Lionel Messi an Islands Keeper Hannes Halldorsson, der inzwischen in Dänemark bei Freja Randers gelandet ist, statt für das 2:1 sorgen. Halldorsson studierte zuvor viele Messi-Elfer auf Video, war überzeugt, die richtige Ecke zu erraten. Und so kam es. Das Unentschieden verteidigten die Isländer leidenschaftlich. Nur 27 Prozent Ballbesitz, nur 182 Passes gegenüber 719 der Argentinier reichten zur Sensation. Am Ende hörte man nur die „Huh“-Rufe der isländischen Fans, hieß es in Moskau so wie in Paris: Klein-aber huh! In Frankreich war noch die größere Sensation, das 2:1 gegen England im Achtelfinale gefolgt. Was passiert in Russland?
Am dritten Tag der Weltmeisterschaft gab´s bei Frankreichs 2:1-Zittersieg gegen Australien das erste Tor dank Videobeweis: Referee Andres Cunha gab den Elfer zur französischen 1:0-Führung durch den enttäuschenden Antoine Griezman erst auf Hinweis aus dem Moskauer TV-Keller. Der griff auch bei Dänemark – Peru ein. Refereee Bakary Gassamba aus Ghana gab daher in der letzten Minute der ersten Hälfte wegen eines Fouls von RB Leipzig-Legionär Yusuf Poulsen Elfer für Peru, den Christian Cueva vom FC Sao Paulo über die Latte jagte. So siegten die Dänen, bei denen der Ex-Austrianer Jens Stryger Larsen linker Verteidiger spielte, durch ein Kontertor Poulsens glücklich 1:0. Nigeria, der Geheimtipp von Peter Hyballa, „Bild“-Taktikfuchs mit Vergangenheit als Sturm-Trainer, konnte Kroatien beim 0:2 nicht fordern. Bisher verlor noch kein europäisches Team.