47.000 Fans des 1. FC Köln stimmten Sprechchöre vom „Deutschen Meister 1.FC“ an, als auf der Vidiwall der Punktverlust von Bayern München in Frankfurt aufschien. Nach sieben Runden Köln mit seinem Wiener Langzeit-Trainer Peter Stöger nur zwei Punkte hinter dem Titelverteidiger, aktuell der erste Bayern-Jäger wie die Kölner Ikone Lukas Podolski begeistert aus Istanbul twitterte. Gereizte Stimmung bei Bayern nach drei Spielen ohne Sieg, bei David Alaba sind es inklusive Österreichs Nationalteam sogar fünf. Vorstandschef Karl Heinz Rummenigge ging auf die Stars los, Kapitän Philipp Lahm sprach offen aus, dass nicht bei allen die Einstimmung stimmt. Was auch Trainer Carlos Ancelotti anprangerte. Gereizte Stimmung also, „Kölle“ feiert hingegen locker Platz zwei. Und war praktisch auf allen TV-Kanälen vertreten: Samstag Abend im Sportstudio des ZDF mit Kapitän Matthias Lehmann und dem Deutsch-Brasilianer Leonardo Bittencourt, Sonntag Vormittag bei Sport 1 beim Doppelpass im Hilton-Hotel am Münchener Flughafen durch den Mann hinter dem Höhenflug. Stöger wurde bereits als Spitzenzweiter begrüßt. Der bisher nur vier Tore kassierte: Der gleiche Wert wie Bayern.
Lehmann verriet im ZDF, dass in der Vorbereitung komplett neue Laufwege einstudiert wurden, um das Offensivspiel variabler zu gestalten. Was bisher gelang. Mit Hilfe von Torjäger Anthony Modeste. Sieben Tore in sieben Spielen erzielte ein Kölner zuletzt vor 32 Jahren. Das war der jetzige Wolfsburg-Manager Klaus Allofs in der Saison 1984/85. Zum Glück wurde Modeste rechtzeitig vor dem 2:1 gegen Ingolstadt fit. Er traf beim Arbeitssieg zweimal, beim 1:0 aus Abseitsposition. Nicht nur deshalb fühlt sich Stögers Landsleute Markus Suttner und Lukas Hinterseer vom Referee benachteiligt. Hinterseer zertrümmerte nach Spielende im Kabinengang wütend eine Flasche. Lehmann verriet etwa vier Stunden später vor den ZDF-Kameras in Wiesbaden, was es mit dem seltenen Torjubel nach dem 1:0 so auf sich hatte: Modeste lief zur Bank, klimperte mit den Fingern wie auf dem Klavier herum. Höger blies auf der Trompete, Bittencourt kam von der Bank, spielte Geige, Rausch imitierte einen Schlagzeuger. Auslöser war ein Internect-Chat zwischen Stögers Schützlingen. Wenn einer mit Frau oder Freundin statt mit der Mannschaft unterwegs ist, heißt es, dass zu Hause ein Konzert gespielt wird. Die Geige ist der Code für Zeit mit der Freundin.
Stöger verfolgte am Tag danach die Diskussion im „Doppelpass“ über Schiedsrichterfehler entspannt und gelassen: „Ich hab vor mir sieben Monaten abgewöhnt, da mitzumachen. Und ich fahre gut damit. Da kostet nur Energie.“ Aber er gab zu, dass Ingolstadt ein Elfmeter vorenthalten wurde. Die Kölner Fans entwickelten in ihrem Jubel ein neues Smiley für den Trainer – mit Brille. Und er sprach Klartext über seine Methoden, wie er Köln in seinen vier Saisonen nach oben führte: „Nichts Außergewöhnliches, keine Wissenschaft. Nur einfache Dinge mit Respekt. Wenn man vorne steht, macht man alles richtig. Wenn man in hinteren Tabellenregionen steht und genauso redet, dann ist alles falsch.“ Und so bemerkte er zum Gerede über die angebliche Bayern-Krise: „Jammern auf hohem Niveau.“
Kölns nächste Prüfung ist nicht ohne: Samstag in Berlin gegen die Hertha, die hinter Stögers unbesiegter Mannschaft, auf Platz drei liegt, nur einen Punkt weniger hat. Also ein Duell um die Position des Spitzenzweiten. Stögers beobachtete Freitag Herthas verdientes 1:1 bei Borussia Dortmund: „Ein beeindruckendes Spiel.“ Wenn Köln in Berlin so perfekt auftritt wie er im „Doppelpass“, bleibt Platz zwei sicher in der Domstadt!
