Kein deutscher Klub im Semifinale der Champions League? Seit Mittwoch ist fast schon davon auszugehen. Borussia Dortmund und Bayern München geben sich zwar nach den Heimniederlagen, dem 2:3 gegen Monaco und dem 1:2 gegen Real Madrid nicht auf, aber gut sieht es nicht aus. Wobei Dortmund wegen des Attentats auf den Mannschaftsbus zum ursprünglichen Spieltermin am Dienstag keiner Vorwürfe macht, Bayern hingegen schon. Zu lange ist das Sündenregister: Einen von Referee Nicola Rizzoli geschenkten Elfmeter nicht verwertet, nach Ronaldos Ausgleich zerfallen, körperlich nicht auf der Höhe. Unglaublich, dass ein Verein, der sich einen Kader mit nur Hochkarätern leistet, einen Ausfall merkbar spürt. Den von Torjäger Robert Lewandowski. Weltmeister Thomas Müller war keine gleichwertige Alternative. Und er gab zu: „Uns hat die hundertprozentige Überzeugung gefehlt, die bessere Mannschaft zu sein.“ War Bayern auch nach dem Ausgleich von Cristiano Ronaldo nicht mehr. Daher die erste Heimniederlage in der Champions League nach 16 Partien seit dem 0:4 gegen Real Madrid im April 2014, bewerbsübergreifend seit Mai 2016, das vierte verlorene Duell gegen Real hintereinander. Trainer Carlo Ancelotti machte dafür auch fehlendes Glück verantwortlich. Seinem Vorgänger Pep Guardiola wurde das dreimalige Scheitern im Semifinale zum Vorwurf gemacht, bei Ancelotti dürfte es nur zum Viertelfinale reichen.
Der lauteste Kritiker Bayerns kam quasi aus dem eigenen Lager: Oliver Kahn, der ehemalige Tormanntitan, als ZDF-Analytiker: „Man kann auch mit zehn Mann besser verteidigen als Bayern“, spielte er auf die Abwehrschwächen nach Gelb-Rot für Javi Martinez an, „und im Finish konnte keiner körperlich zusetzen“. Von Kahns Kritik ausgenommen: Sein Nachfolger Manuel Neuer, der Bayern lange im Spiel hielt. Keiner widersprach ihm, als er meinte: „Am Ende müssen wir froh sein, nicht höher verloren zu haben. Aber Dienstag haben wir im Bernabeu-Stadion alles noch selbst in der Hand.“ Wieder mit Lewandowski.
Aber dort wird vor ihm nicht nur Martinez fehlen, sondern vermutlich weiter Weltmeister Mats Hummels. Daher wird David Alaba wie schon Mittwoch nach Rot für Martinez neben Jerome Boateng im Abwehrzentrum spielen müssen. Auch an Alaba gab es einen Vorwurf. „Bild“ monierte, dass er vor dem Ausgleichstor Antonio Carvajal ungehindert flanken ließ, ihn nicht attackierte. Aber Neuer setzt auf den Österreicher: „Er hat auch als Innenverteidiger Klasse“.
Mehr Aufstiegschancen als Alaba hat Österreichs Ex-Teamkapitän Christian Fuchs. Das 0:1 mit Leicester bei Atletico Madrid zerstört nicht die Hoffnungen auf sein erstes Semifinale in der Champions League, die für Englands Meister offenbar ein Jungbrunnen ist. Da sind die Leistungen überzeugender als in der Premier League, in der auf Platz elf die ärgsten Abstiegssorgen mit Craig Shakespeare als Nachfolger von Claudio Ranieri auf der Trainerbank inzwischen beseitigt wurden. Ranieri nahm nochmals seine Ex- Spieler gegen alle Kombinationen, sie hätten gegen ihn gespielt, ausdrücklich in Schutz. „Vor dem March hätten wir eine Niederlage mit einem Tor Differenz akzeptiert“, meinte Fuchs nach der Rückkehr aus Madrid, „jetzt sieht es anders aus“. Weil alle den Elferpfiff des schwedischen Referees Jonas Eriksson, der zum einzigen Treffer führte, als falsch empfanden. „Aber daheim haben wir in der Champions League kein Match verloren“, macht der Linksverteidiger in Zuversicht, „auch schon gegen einen spanischen Verein einen Eintorerückstand aufgeholt“. Aber Fuchs weiß auch: Atletico Madrid wird sich nächsten Mittwoch im King Power-Sadium kompakter präsentieren als der FC Sevilla im Achtelfinale. Atleticos Abwehr um den herausragenden slowenischen Keeper Jan Oblak und Diego Godin, den Kapitän aus Uruguay, wird auch für Jamie Vardy schwer zu knacken sein. Und Leicester plagen Besetzungssorgen im Abehrzentrum: Wes Morgan, der bei den letzten zwei Niederlagen gegen Everton (2:4) und Atletico Madrid wegen Rückenbeschwerden fehlte, bleibt ein Fragezeichen. Und der Deutsche Robert Huth ist Mittwoch gesperrt.Vor dem Rückspiel muss Leicester Samstag nach London: Zum Chelsea-Bezwinger Crystal Palace.