Fußball

Wenn sich Bayern einmal nur als Außenseiter fühlt

Nicht nur Fußball-Deutschland blickt Samstag Abend nach Dortmund. Eigentlich die ganze Welt. Es geht um den „El clasico aleman“ wie man in Spanien das  Duell zwischen Borussia Dortmund und Bayern München nennt. Das heißt: Acht Meistertitel gegen 28, 154.000 Mitglieder gegen 290.000. Diesmal unter besondern Zeichen: Dortmund ist Tabellenführer, Bayern mit vier Punkten Rückstand nur Dritter. Gibt´s vor 80.000 Zuschauern den Heimsieg, würde das sieben Punkte Vorsprung für Borussia bedeuten. Da hätten viele die Meinung, dass der Titelkampf bereits nach elf Runden gegen Bayern entschieden ist, sieben Punkte in 23 ausstehenden Partien nicht aufzuholen wären. Die Wettquoten bei tipp 3 sagen etwas anders: Da gilt Bayern auch vor der gelben Dortmunder Wand, wie die größte Stehplatztribüne Europas heißt, als Favorit. Auch die Quoten auf den Meister Bayern sind mit 1,25 weiter niedriger als die auf Meister Dortmund (3,30). Bei RB Leipzig und Mönchengladbach betragen sie sogar jeweils 35,00.

David Alaba hat in seiner Bayern-Zeit schon einige große Aufreger in den Spielen gegen Dortmund mitgemacht. Am meisten tat ihm das 2:5 im Berliner Cupfinale vor sechs Jahren weh, als der damals 20jährige Linksverteidiger fast noch total überfordert wirkte. Da ging der Wiener nachher nur kopfschüttelnd durch die Mixed Zone in den Katakomben des Olympiastadions, ohne ein Wort zu sagen.  2012 war Dortmund war mit dem Double in der Hochblüte der Ära von Jürgen Klopp, der dreifache Finaltorschütze trägt aber inzwischen den roten Bayern-Dress; Robeert Lewandowski. Die Saison danach begann das Titelsolo der Bayern, gelang sogar das bis heute letzte Triple. Die große Revanche an Dortmund auch für Alaba: Das 2:1 im Finale der Champions League in Wembley. Die einzige negative Erinnerung daran: Er musste nachher zur Dopingkontrolle.

In der Champions League konnte sich weder Dortmund noch Bayern diese Woche mit Ruhm bekleckern. Die Borussia zeigte in Madrid beim 0:2 gegen Atletico die bisher schwächste Leistung unter ihrem neuen Trainer Lucien Favre mit nur vier Torschüssen. Der neue spanische Torjäger Paco Alcacer wirkte wie in Fremdkörper, möglicherweise muss er auf die Bank. Bayern München brauchte gegen AEK Athen zwei Standardsituationen, um die Tore zum 2:0 zu erzielen. Da sagt alles über die derzeitige aktuelle Verfassung der Bayern: Sie sind nicht so gut, wie sie sein könnten. Also fühlen sie sich sogar in Dortmund nur als Außenseiter. Das ist selten, passiert in der Bundesliga eigentlich nie:  „Wir jagen die Borussia“, behaupte Trainer Niko Kovac (Bild oben), „aber vielleicht hatten sie diese Saison noch keinen Gegner vom Kaliber  Bayerns“

Viele sehen den Schlager als Stunde der Wahrheit für Bayern samt des neuen Trainer Niko Kovac, der vor seinem bisher größten Spiel beim Meister steht. Auf den viel Kritik zuletzt einprasselte, sogar mit Vorwürfen einer Spielerfrau leben musste. Jetzt heißt des Farbe zu bekennen: Riskiert er etwas mit jungen Spielern, lässt frech nach vorne spielen oder setzt er auf die Erfahrung und Routine der Triple-Sieger und Weltmeister von 2014? Einer von ihnen erlebt Freitag eine unliebsame Überraschung: Jerome Boateng gehört nicht zum deutschen Teamkader für das Nations League-Spiel gegen Holland, in dem es gilt, den Anstieg zu verhindern.

Erstaunliches sagte in den letzten Tagen Bayern Boss Uli Hoeneß. Noch bevor der 66jährige seinen Rückzug in zwei, drei Jahren ankündigte und als idealen Nachfolger eine „eierlegende Wollmichsau“ bezeichnete, entband er Kovac von der Meisterpflicht: „Die würden wir gerne haben. Aber wenn es mal nicht so ist, wird Bayern auch nicht untergehen. Wir sind nicht so arrogant wie alle glauben, unsere Spieler sind nicht so selbstbewusst, wie sie sich selbst manchmal sehen.“  Dass seine Bayern Samstag verlieren, glaubt er dennoch nicht: „Wir werden ganz schön Gas geben.“

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