Am 8. August feiert Herbert Prohaska, Österreichs Jahrhundertfußballer, der letzte Teamchef, mit dem sich Österreich für eine Weltmeisterschaft qualifizierte, seinen 70. Geburtstag. Sie können bis zum Ehrentag täglich eine Geschichte aus dem Leben von Herbert Prohaska, insgesamt 70, lesen.
Denn die Austria glich nach Joschi Walters Tod noch mehr als zuvor einer Schlangengrube, Keine Spur von zusammenhalten. Ständig gab es Sticheleien. Auf Prohaska loszugehen, wäre nach je einem Meistertitel und Cupsieg in seiner Trainerära nicht opportun gewesen. Also ging es gegen Prohaskas Vertraute, seine Co-Trainer Erich Obermayer und Robert Sara. Zwei wären zu viel und kämen zu teuer. Vizepräsident Hubert Dostal forcierte den Litauer Ben Zelkevicius, der bei den Transfers von Valdas Ivanaukas und Arminas Narbekovas behiflich war. Daher hatte er in der Chefetage Kredit. Zuerst sollte er statt Obermayer und Sara der Aufpasser für Prohaska sein, dann sein Nachfolger werden. Austrias Beteuerteam ist heutzutage nicht nur größer, sondern sicher auch um einiges teurer als zu Prohaska Zeiten. Das Gehalt von Obermayer übernahm ein Gönner, nämlich Leopold Stroh, damals Besitzer einer Tankstellenkette.
Den vorzeitigen Rücktritt von Prohaska verhinderte seine Frau. Als er ihr eines Abends in deer Villa Elisabetha in Klosterneuburg-Kierling sein Leid klagte und eröffnete, keine Lust mehr zu haben, morgen nicht mehr das Training zu leiten, meinte sie abschließend: „Mach was du willst!“ Aber erinnerte ihn gleichzeitig auch an den Rücktritt von Gustl Starek. Den fand Prohaska damals für dumm, weil er der Austria damit Geld sparte. Jetzt war er dabei, den gleichen Blödsinn zu begehen. Herbert hörte auf Elisabeth. In ihm erwachte wieder der Kampfgeist. Er ließ Dostal ausrichten, dass er ihn schon rauswerfen müsste, wenn er ihn loswerden will. Worauf der lächerliche Vorwurf vom geldgierigen Prohaska in den Raum gestellt wurde. Der an sich selbst einen Wunsch hatte: Die Austria nur als Meister zu verlassen.
Im Wege stand die Rapid-Fraktion bei Austria Salzburg. Der von Präsident Rudi Quehenberger als Trainer engagierte Otto Baric formte die Salzburger rasch zu einem Spitzenteam. Mit den Ex-Rapidlern Heribert Weber, Kurt Garger, Gerald Willfurth, Peter Hrstic, Hermann Stadler, Andreas Reisinger und Christian Keglevits. Baric ließ keine Gelegenheit aus, die Austria verbal zu provozieren. Das war für ihn psychologische Kriegsführung, weil er wusste, dass die Austria objektiv die bessere Mannschaft hatte. Das Kopf an Kopf-Rennen zwischen den Austrias aus Wien und Salzburg erreichte am 3. Juni 1992 seinen Höhepunkt: In der letzten Runde musste die Austria gewinnen, um dank der besseren Tordifferenz den Titel zu verteidigen. 40.000 Zuschauer drängten sich auf den Tribünen, Hektik pur. Andreas Ogris brachte Austria in Führung, als Peter Stöger nach einem Zweikampf mit Salzburgs Tormann Herbert Ilsanker zu Boden ging, war es für Prohaska ein klarer Elfmeter. Das kam es zum Ausbruch des „Vulkans“ Prohaska, der bis heute oft in TV-Rückblicken gezeigt wird. Ein Sprint über mindestens 40 Meter in Richtung Linienrichter. Hinter ihm lief Baric, deutete zum Kärntner Referee Alfred Wieser nach dem Motto: Darf Prohaska das?
Prohaska platzte der Kragen. Er schrie Baric an, drohte ihm mit einer körperlichen Attacke. Bald tat es Prohaska leid. Vor allem, als er von Stöger in der Pause erfuhr, dass es kein klarer Elfmeter war. Nach Seitenwechsel entschied ein Kopftor von Toni Pfeffer das Match, Salzburgs Anschlusstor änderte nichts. Mit dem 2:1 war Austria Meister, Prohaskas Wunsch erfüllt. Als er Stunden nach dem Schlusspfiff, allen Freundenszenen auf dem VIP-Parkplatz sein Auto suchte, traf er Baric. Der sich bei ihm entschuldigte, Prohaska tat es umgekehrt auch. Einen Tag später erfuhr Prohaska vom Satz eines Funktionärs auf der Ehrentribüne: „Jetzt gewinnt der Trottel auch noch die Meisterschaft!“ Drei Tage später auch den Cup. Ein Tor von Ivanauskas in der 90. Minute machte das 1:0 gegen Admira und das Double perfekt. Das änderte nichts: Prohaska, Obermayer und Sara traten ab.