Vor einem Jahr war Christoph Daum, der Trainer unter dem die Wiener Austria vor 21 Jahren zum bisher letzten Mal das Double gewann, Gast in der Generali-Arena. Am 23. Juli 2023 saß er in der Qualifikation zur Conference League gegen Banja Luka auf der Tribüne. Ein Jahr zuvor war publik geworden, dass er gegen den Lugenkrebs kämpft. „Sky“ dreht mit ihm an den Stätten seiner schillernden Tätigkeit, deshalb auch in Wien, eine Dokumentation, die an seinem 70. Geburtstag, am 14. Oktober 2023, Premiere in einem Kölner Kino hatte. In Wien verabschiedete er sich mit dem Satz “ Montag kommt wieder fünf Kilo Gift in den Körper. Danach bist du platt!“ Er unterzog sich der Chemotherapie. Im November war er wieder in Wien. Im Happel-Stadion bei Österreichs 2:0-Sieg gegen Deutchland. Da ging es ihm schon besser: „Der Krebs hat sich den falschen Körper ausgesucht“, behauptete er lachend, „du kannst hinfallen. Es ist auch nicht entscheidend, wie oft Du hinfällst. Du musst nur immer wieder aufstehen!“ Samstag konnte er es nicht mehr. Da schlief er friedlich im Kreis seiner Familie, von Frau Angelica und Sohn Marcel, der bei Leverkusen zum Trainerstab von Xabi Alonso gehört, ein.
Kampf gegen die Mächtigen war immer Daums Devise. Als junger Trainer des 1. FC Köln versucht er dies gegen den großen FC Bayern und dessen mächtigen Macher Uli Honeß. Legendär war 1989 ihr Streit im ZDF-Sportstudio. Im Zuge der Sky-Dokumentation kam es spät, aber doch, zur Versöhnung am Tegernsee. Keine Herausforderung war Daum zu groß. Doch mitunter stürzte er ab. Kurz nach dem Meistertitel mit VfB Stuttgart 1992 unterlief ihm ein Wechselfehler, der die Qualifikation zur Champions League kostete. Acht Jahre später die Kokain-Affäe als Trainer von Leverkusen, die ihm den angestrebten Posten des Bundestrainers kostete. Aber Daum kam zurück, gewann Titel in der Türkei (Besiktas, Fenerbahce). Als er 2002 in der Austria-Mäzen Frank Stronach nach Wien kam, war Violett nach zwölf Runden mit vier Punkten Vorsprung Tabellenführer. Dennoch musste Walter Schachner den Trainersessel räumen. Unverständlich. Am Ende hatte die Austria 13 Punkte Vorsprung, aber Daum war die Fußballwelt in Österreich zu klein, beendete seine Austria-Ära. Schachners „Antwort“ an Stronach und der Austria: Er gewann 2004 mit dem GAK das Double.
Daum führte danach den 1. FC Köln in die Bundesliga zurück und hielt ihn dort. Die letzten Stationen hießen Eintracht Frankfurt, FC Brügge, Bursaspor in der Türkei und Teamchef in Rumänien. Entweder wurde er verehrt oder verachtet, dazwischen gab es kaum etwas. Viele Sympathien brachte ihm über die Fußballszene hinaus sein Umgang mit der Krankheit. Langweilig war es mit Daum nie.
Foto: ServusTV/Neumayr Leo.