Fußball

Bielefelds Aufstieg begann mit Prietls Tor auf St. Pauli

Auch letzte Saison stieg ein Österreicher in die deutsche Bundesliga auf, Christopher Trimmel mit Union Berlin. Dienstag Abend jubelte der  Ex-Rapidler als Kapitän der „Eisernen“ über den auch theoretisch fixierten Klassenerhalt, an dem er mit einer starken Saison, vielleicht der besten seiner Karriere, und elf Assists seinen Anteil hatte. Bereits  davor, genau um 20.23 Uhr, bejubelte in Bielefeld daheim auf der Couch ein Steirer seinen Aufstieg: Manuel Prietl schaffte es nicht wie Trimmel über die Relegation, sondern auf direktem Weg. Weder der  Hamburger SV nach dem 1:1 gegen Osnabrück noch der VfB Stuttgart können Arminia Bielefeld in den letzte zwei Runden überholen – daher Aufstieg als Meister. Das konnte sich Prietl  nicht einmal im Traum erwarten, als er 2016 in Ostwestfalen als ablösefreie Neuerwerbung aus Mattersburg anheuerte.

Elf Jahre lang pendelte der Traditionsklub zwischen zweiter und dritter Liga, jetzt ist nach acht die Rückkehr in die Bundesliga nach acht Jahren perfekt. Mit einer Mannschaft,die einen Marktwert von 20,35 Millionen hat, vor Saisonbeginn nie als heißer Aufstiegskandidat eingeschätzt wurde, in den Prognosen erst hinter den Absteigern VfB Stuttgart, Hannover 96 und 1.FC Nürnberg kam, auch hinter dem Hamburger SV. Zum Vergleich: Stuttgarts Marktwert liegt bei 59,4 Millionen, der des Hamburger SV bei 46,75. Vor zweieinhalb Jahren musste Prietl fürchten, dass sein Verein in den Konkurs geht. Ein „Bündnis Ostwestfalen“ mit Firmen der Region (unter anderem Oetker) entschuldete den Klub. Sportchef Samir Arabi holte holte sechs aktuelle Stammspieler für zusammen nur eine Million Euro. Trainer Uwe Neuhaus passte perfekt, seit er im Dezember 2018 engagiert wurde. Er steht für Kontinuität, wird mit 60 Jahren sein Debüt als Cheftrainer in der Bundesliga geben. Er lernte unter anderem bei der Legende Udo Lattek und Matthias Sammer, dessen Assistent Neuhaus bei Borussia Dortmund war.

Bielefeld feierte 16 Siege, so viele wie kein anderen Klub, kassierte nur zwei Niederlagen. Ein Erfolgsfaktor ist Prietl als zentraler defensiver Mittelfeldspieler, der vor der Abwehr „abräumt“. Er gilt als bester der Liga in dieser Rolle.  Mit dem Jubel über seinen Last Minute-Ausgleich zum 1:1 beim Kultklub St.Pauli (Bild oben) begann eine denkwürdige Bielefeld-Saison, in der er bisher nur zwei Niederlagen gab. Die erste am 1. Dezember. Bereits ab der 6. Runde stand Bielefeld auf einem Aufstiegsplatz, gab den nicht mehr her. Seit der 15.Runde am 1.Dezember ist Bielefeld Tabellenführer. „Wir haben keine Stars, das ist unsere Stärke“, sagt Prietl. Bis zur Corona-Pause hatte Bielefeld einen Zuschauerschnitt von 18.000, ließ sich auch durch leere Tribünen nicht außer Tritt bringen. Große Feiern gab es Dienstag und Mittwoch noch nicht, weil Donnerstag das Heimspiel gegen Darmstadt ansteht. Der 32 jährige Fabian Klos, seit 2011 im Verein, ist mit 19 Treffern nicht nur der beste Torschütze der Liga, sondern auch Kult bei den Fan. Stefan Ortega gilt mit nur 27 Gegentoren als bester Tormann der Liga. Normal hätte ein Ex-Rapidler einen Stammplatz im Abwehrzentrum: Aber Brian Behrendt musste sich nach einem Kreuzbandriss erst wieder zurückkämpfen. Montag Abend beim 4:0 gegen Dresden kam er zu seinem ersten Kurzeinsatz.

In Anlehnung an den frühern Namen des Bielefelder Stadions, das früher Alm hieß,ging für Prietl mit 28 Jahren durch das überragendste Jahr seiner Karriere  ein „Almtraum“ in Erfüllung, womit er in eine neue Fußballwelt eintaucht. Mit prominenten Gegnern, auf die er zuvor nie getroffen war, wie Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig, Mönchengladbach, Leverkusen etc. Prietl ist zuzutrauen, auch in der Bundesliga eine gute und wichtige Rolle zu spielen, zumal er ja mit dem Klub aufgestiegen ist, nicht neu dazukommt: „Ich denke, wir werden die Bundesliga beleben und vier Vereine hinter uns lassen“, meinte Prietl mit Blick voraus auf die vermutlich bisher aufregendste Saison als Fußballer. Die aktuell größte Sorge in Bielefeld ist aber eindeutig die, wie man trotz Corona und Abstandsregel eine kreative Titelfeier für die Fans organisieren kann.

Den zweiten Aufstiegsplatz hinter Bielefeld belegt seit Mittwoch wieder der VfB Stuttgart durch ein 5:1 (4:0) gegen Sandhausen beim Startelfdebüt des Ex-Admiraners Sasa Kalajdzic nach seinem Kreuzbandriss. Stuttgart liegt vor den letzten zwei Runden einen Punkt vor dem Hamburger SV.

 

 

Foto: Arminia Bielefeld.

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