Alles machbar beim Nachbar! Die offizielle österreichische Devise für die Europameisterschaft 2024 in Deutschland erhielt Dienstagabend neue Nahrung. Erstmals seit 1931 zweimal hintereinander Deutschland besiegt. Das stand damals am Beginn des hochgejubelten Wunderteams unter Hugo Meisl. Ist nach dem 2:1 von Klagenfurt 2018 und dem überzeugenden 2:0 im Happel-Stadion fünf Jahre später ähnliches zu erwarten? Das zu glauben, wäre fatal. Fakt bleibt, dass die Erwartungen im Vergleich zur letzten EM-Teilnahme vor zwei Jahren doch gestiegen sind. Hieß es damals, die Gruppe gegen Holland, Nordmazedonien und die Ukraine zu überstehen, so heißt diesmal die Devise: Egal, was die Auslosung am 2. Dezember in der Hamburger Elbphilharmonie bringen wird, wir nehmen die Herausforderung an. Denn es soll Österreich erster Sieg in einem k.o.-Spiel seit der WM 1954 gelingen. Und dann wäre die Mannschaft von Ralf Rangnick im Viertelfinale. Eine Steigerung gegenüber dem Achtelfinale 2021, das in der Verlängerung unglücklich gegen den späteren Europameister Italien 1:2 verloren wurde.
Im Prater blühten Dienstagabend jedenfalls wieder die Träume. Viele wünschten sich Deutschland als Gegner in der Gruppe. Aber nur in der Wiener Form von Deutschland wäre dies wirklich ein Wunschlos. Eine Steigerung des Veranstalterlandes ist aber in den nächsten acht Monaten doch zu erwarten. Also heißt die richtige rot-weiß-rote Devise, den Ball flach zu halten. Rangnick wollte nichts von Zauberfußball und rot-weiß-rotem Ballett hören, sondern setzt voll auf die Mentalität einer Mannschaft, die er liebt: „Weil sie genauso ist, wie es richtig ist!“ Die herrschende Euphorie schien manchen sogar eher Angst zu machen: „Die war doch auch schon 2016 so. Und dann sind wir voll auf die Schnauze gefallen“, warnte Marcel Sabitzer. Dem seine Frau vor dem Spiel via Whatsapp prophezeite, ein Tor zu erzielen. Frau Katja lag richtig. Hoffentlich traut sie Marcel ähnliche Highlights im Juni 2024 zu.
Nach den Erfahrungen der bisherigen 18 Sielen seiner Ära würde Rangnick auf Warnsignale in der Vorbereitung energischer reagieren als Marcel Koller im Frühjahr 2016 nach durchwachsenen Leistungen gegen. Zudem ist die Mannschaft, wie Kapitän Alaba, der als einziger sowohl beim 2:1 in Klagenfurt als auch Dienstag im Einsatz war, immer wieder versichert, reifer geworden. Wenn man etwas aktuell kritisieren will, dann ist es die Effizienz. Michael Gregoritsch (Bild) und Christoph Baumgartner ließen gegen Deutschland doch Sitzer liegen. Die Ersten bei 0:0. Das spielte keine Rolle. Gregoritsch hatte zwei Assists, Baumgartner einen, überdies erzielte er das spektakuläre 2:0. Nur sollte man bei der Europameisterschaft seine Chancen besser nützen, nicht so viele vergeben. Denn sonst kann das auch einer gut spielenden Mannschaft auf den Kopf fallen. Speziell in einem k.o.-Spiel. Eines lässt sich schon jetzt in Sachen EM-Kader feststellen, der erst am 7. Juni 2024 gemeldet werden muss: Bei Marko Arnautovic muss sich in Sachen Fitness und Spielpraxis einiges ändern. Sonst läuft er Gefahr, mit 35 Jahren nicht mehr dabei zu sein, seine dritte EM-Teilnahme zu verpassen.
Foto: ÖFB/Christopher Kelemen.