Fußball

Bitter, unnötig, selbst schuld: Das Elferdrama von Udine

Die Bäume von Österreichs U21 wuchsen bei ihrer ersten Europameisterschaft leider nicht in den Himmel. Drei Tage nach dem sensationellen 2:0 gegen Serbien folgt vor 7200 Zuschauern, davon 4000 Österreicher, in Udine, bei gesteigerten Erwartungen ein eigentlich verdientes 1:3 (0:1) gegen Dänemark, das praktisch das Ende aller Hoffnungen auf das Semifinale bedeutet. Ausser es gelingt Sonntag in Stadio Friauli ein Wunder in Form eine Sieges über Titelverteidiger Deutschland. Der nach dem 3:1 gegen Dänemark die Serben in Triest mit 6:1 (3:0) vom Platz schoss. Da müssten sich die Österreicher im Vergleich zu Donnerstag um 200 Prozent steigern. Aber haben sie dazu noch genug Substanz?

Die fehlte schon gegen die Dänen, um so aggressiv aufzutreten wie drei Tage vorher gegen Favorit Serbien. ÖFB-Präsident Leo Windtner versuchte noch mit ein emotionalen Rede im Mannschaftsquartier die Spieler auf ihre Riesenchance hinzuweisen, aber das ging daneben. Sie wirkten von den ersten Minute an nicht so mutig, so selbstbewusst, so aggressiv wie am Montag. Da passten die Raumaufteilung und das Positionsspiel nicht, da war die Fehler mit dem Ball viel, viel größer als gegen die Serben. Der beste Beweis: Herausragende Spieler bei der Serben-Sensation machten schwere Fehler. Sascha Horvath servierte den Dänen ein Führungschance, die zum Glück mit einem Stangenschuss endete, Kevin Danso ließ sich von Linksverteidier Joakim Maehle vom belgischen Meister Genk beim 0:1 nach 33 Minuten fast anfängerhaft düpieren. Wirklich gelungen war bis zur Pause nur die Aktion für den Montag so schwer verletzten Hannes Wolf: Alle wärmten in roten Leibchen mit seinem Namen und seiner Nummer 19 auf dem Rücken auf, wünschten mit der Aufschrift auf der Brust „getting better soon“ baldige Besserung. Wolf wird im Salzburger Spital Höllenqualen gelitten haben, als er die Niederlage verfolgte.

Sein Fehlen mag mit ein Grund sein, warum die Leistung nicht mehr passte. Aber darauf alles zurückzuführen, dass ein Ausnahmespieler dieses Jahrgangs fehlte, wäre der falsche Ansatz. Es kann auch nicht die unerwartete dänische taktische Variante mit drei Innenverteidigern und zwei ins Mittelfeld vorgeschobenen Außendeckern statt Viererabwehr gewesen sein, die Österreich so gar nicht zur Geltung kommen ließ. Am nächsten von allem dürfte Teamchef Werner Gregoritsch mit seiner Theorie kommen, dass der Aufwand von der Sensation gegen Serbien, die vielen weiten Wege, ihre Spuren zeigten: „Wir waren nicht frisch genug, um nochmals so aufzutreten.“ Sondern meist mindestens einen Schritt zu kurz. Mit dem 0:1 waren die Österreicher zur Pause gut bedient.

Irgendetwas muss in der Halbzeit passiert sein. Nach drei Minuten verwandelte Kapitän Philipp Lienhart (im Bild oben rechts gegen den Dänen Jens Stage) im Fallen per Kopf einen Eckball von Horath zum 1:1. Die Österreicher im Spiel, erinnerten ansatzweise an den Montag. Brauchten Glück, um nicht nochmals in Rückstand zu geraten, hätten aber selbst in Führung gehen können oder sogar müssen.  Nur klappte die zweite Standardsituation nicht so gut wie die erste zum 1:1.  Horvath erinnerte an die „Zaubermaus“ vom Serbien-Siel, holte nach 73 Minuten einen Elfmeter heraus. Die Riesenchance zur Führung. Laut Einteilung wäre Wolf-Ersatz Mario Kvasina der erste Schütze gewesen. Doch der Ersatz für Wolf, der nie zur Geltug kam wie es sich Gregoritisch auf Grund  seiner 1,95 Meter gegen die groß gewachsenen Dänen erhoffte, war bereits ausgetauscht. Der wweite, Horvath war, gefoult worden. Der dritte, Danso, reagierte nicht, als sich mit dem kurz zuvor eingewechselten Christoph Baumgartner der jüngste Österreicher am Rasen den Ball schnappte und ihn auf den Elferpunkt legte. Es spricht für die Zivilcourage des 19jährigen Hoffenheim-Legionärs, dass er die Verantwortung übernahm. Aber leider scheiterte er, der im Training sonst fast jeden Elfer sicher verwandelt, an Oldham-Tormann Daniel Iversen.  Vielleicht hatte er in den eineinhalb Minuten, die es brauchte, bis der bulgarische Referee Georgi Kabakov die Diskussionen mit den reklamierenden Dänen beendete, auch zu viel Zeit um Nachdenken. Gregoritsch meinte, es hätten Im Laufe der Jahrzehnte auch Weltstars wie Pele, Roberto Baggio und Lionel Messi Elfmeter nicht verwandelt. Da dürfe man Buamgartner nicht an den Pranger stellen: „Für ihn tut´s mir am meisten leid.“

Statt zu führen, lag Österreich vier Minuten später zurück. Ein Fehler von Xaver Schlager, der ihm selten passiert, sorgte dafür. dass die Dänen über ihre rechte Seite  durchkamen. Bei der Flanke  verlor Sandro Ingolitsch  Maehle aus den Augen, der mit dem rechten Oberschenkel (!) für den zweiten Treffer sorgte. Wahnsinn. Ein Außendecker im Mittelfeld  als Matchwinner. Österreich fehlten danach die Power und Überzeugung, um den Ausgleich nahe zu kommen. Im Gegenteil. Mit der letzten Aktion im Spiel fiel nach 94 Minuten das 1:3. Das Ende aller Aufstiegshoffnungen?Deutschland reicht Sonntag im Nachbarsduell ein Punkt, um aufzusteigen. Bringt Österreich die Kraft auf, um dagegenzuhalten, den großen Bruder in Schach zu halten oder zumindest zu ärgern? „Einen krasseren Außenseiter als uns am Sonntag kann es nicht geben“, behauptete Gregoritsch nicht ganz zu Unrecht in seiner offenen Art. Aber vielleicht nehmen die Favorits die kleinen „Ösis“ nicht für voll, werden von ihnen überrascht. Für Trübsal blasen, ist das 1:3, das Xaver Schlager in seiner ehrlichen Art als bitter, unnötig und selbst verschuldet bezeichnete, aber kein Grund. Auch Italien und Spanien haben nach zwei Spielen nur einen Sieg wie Österreich, Serbien und Belgien hätten gerne die drei Punkte von Rot-Weiß-Rot. Zwei Siege feierten bisher nur Deutschland. Und sehr überraschend die Polen, die Belgien und Italien bezwangen. In Italien ist der Schock über das 0:1 von Bologna wohl noch größer als in Österreich über das 1:2 von Udine.

 

Foto: © ÖFB Media.

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