31 Stunden vor dem Start von Red Bull Salzburg in die Jubiläumssaison der Bundesliga bei Altach gab´s beim Meister den großen Knall. In Sachen Trainer: Matthias Jaissle wurde freigestellt. Wegen seiner Verhandlungen mit dem saudiarabischen Kub Al-Ahli Dschiddah, derzeit 70 Kilometer von Salzburg in entfernt im Trainingslager. In der Therme Gainberg. Donnerstag wollte Jaissle das Thema Al Ahli nicht kommentieren, dürfte aber bei Salzburgs Cheftage seinen Wunsch, das Millionenangebot aus der Wüste anzunehmen, deponiert haben. Einen Tag später schickte Salzburg den 35 jährigen Franken sozusagen in die Wüste. Darüber sprach nicht Sportchef Christoph Freund, der Jaissle vor zwei Jahren zum Cheftrainer befördert hatte, sondern Geschäftsführer Stephan Reiter: „Ein Trainer, der sich nur zwei Tage vor dem Start einer wichtigen Saison derart intensiv mit einem Klubwechsel beschäftigt, sollte bei diesem Auftakt nicht dabei sein. Wir benötigen 100 Prozent Fokus von allen Beteiligten!“
Nach diesen Worten war schon klar: Eine Zukunft mit Jaissle kann es nicht mehr geben. Damit bleibt es dabei, dass in der Red Bull-Ära kein Trainer in die dritte Saison geht. Salzburg trennte sich offenbar erstmals seit Dezember 2015 von einem Trainer trotz laufendem Vertrag. Damals war es der Deutsche Peter Zeidler (jetzt in der Schweiz bei St. Gallen) nach schwachen Ergebnissen, jetzt ist es dessen Landsmann Jaissle nach einem Double und einem Meistertitel. Die Trennungen vom Spanier Oscar Garcia, Marco Rose und Jesse Marsch erfolgten stets auf deren Wunsch und auch einvernehmlich während der Sommerpause. Ohne einer schrillen Begleitmusik wie bei Jaissle, der die Salzburg erstmals ins Achtelfinale der Champions League brachte. Dem bereits im jungen Traineralter die Millionen offenbar am wichtigsten sind. Aber das ist seine Sache.
In Dschiddah arbeitete vor Jahrzehnten ein Österreicher als Trainer: Walter Skocik von 1987 bis 1989. Allerdings bei Al Ahlis Stadtrivalen, dem aktuellen Meister Ittihad, der mit 40.453 den höchsten Zuschauer-Schnitt der Liga hat. Al Ahli verpflichtete vor Jaissle als neue Stars bereits Edouard Mendy, 2021 noch Welttorhüter des Jahres, von Chelsea, zahlte 18,5 Millionen Ablöse. Der brasilianische Stürmer Roberto Firmino kam nach Vertragsende bei Liverpool. Freitag machte Al Ahli den Deal mit Champions League-Sieger Manchester Cuty um den 32 jährigen Riyad Mahrez klar. Für 35 Millionen Ablöse.
In Salzburg verdienen erfolgreiche Trainer sicher sehr gut. Aber von acht Millionen Euro pro Saison aufwärts kann keine Rede sein. So viel bieten die Klubs der Saudi ProLeague Trainer, die sie haben wollen. Wie Jaissle oder vor ihm den Portugiesen Nuno Espirito Santo (bei Meister Itihad, zuvor Tottenham), dem Portugiesen Jorge Jesus (Al-Hilal, früher Benfica) oder Ex-Liverpool-Star Steven Gerard (Al Ettifaq). Vor kurzem auch Oliver Glasner. Doch der bodenständige Ex-Frankfurt-Trainer aus Oberösterreich sagte nein. Er wäre jetzt am Markt. Auch ein Thema für Salzburg, wo seine Trainerkarriere als Assistent von Roger Schmidt 2012 begann? Glasner entschloss sich nach zwei Saisonen in Frankfurt mit Triumph in der Europa League und Finale im deutschen Pokal zu pausieren. Wer ihn etwas kennt, ahnt, dass ihn Salzburg davon nicht abbringen wird können.
In Altach sitzen Jaissles Assistenten Florens Koch und Alexander Hauser auf Salzburgs Bank. Koch, ein 32 jähriger Deutscher, begann vor sieben Jahren bei Salzburg, der 39 jährige Tiroler Hauser, ein ehemaliger Bundesligaspieler bei Schwarz Weiß Bregenz, Pasching und dem FC Kärnten, vor vier. Sie waren schon Jaissles Assistenten bei Liefering. Sie sind vorerst die Interimslösung. Das einer von ihnen sein Nachfolger wird, kann man so gut wie ausschließen. Salzburg verlor damit noch vor Sportchef Christoph Freund, der erst am 1. September zu Bayern München übersiedelt, auch den Trainer. Das sorgt schon für Turbulenzen, die vielleicht bei den Verfolgern Sturm Graz und LASK neue Hoffnungen wecken.
Freund wird bei der Suche nach dem neuen Cheftrainer sicher eingebunden sein. Ob die Lösung so schnell präsentiert wird wie Bernard Seonbuchner als Nachfolger von Freund? In der „Pole-Position“ dürfte der 46 jährige Gerhard Struber sein. Den Freund aus jahrelanger Tätigkeit in Salzburgs Nachwuchs, in der Akademie und bei Liefering gut kennt und schätzt. Freund war nicht ganz unbeteiligt, dass Struber 2019 die Chance bekam, bei Wolfsberg als Trainer zu beginnen. Die nützte er nur 21 Spiele lang. Dann wollte er weg, weil er nach der Jahrhundertsensation mit Wolfsberg, dem 4:0-Sieg in der Europa League bei Borussia Mönchengladbach, gefragt war, lukrativere Angebote bekam. Das von Englands Zweitligist Barnsley, der damals am Tabellenende stand, nahm der von Thomas Böhm beratene Struber an. Schaffte in letzter Runde die Rettung, verabschiedete sich aber nach einem Jahr wieder. Weil die Red Bull-Filiale in New York lockte. Die drei Jahre am Big Apple waren keine Erfolgsstory. Trotzdem könnte es passieren, dass Struber die Chance seines Trainerlebens in Salzburg bekommt.
Sieben Stunden nach der Freistellung war dann die Trennung von Jaissle und dessen Engagement bei Al Ahli perfekt und offiziell. Es ging offenbar auch um die Ablöse, die Salzburg kassierte. Jaissles Vertrag lief bis 2025. Andi Herzogs Kommentar auf „Sky“ zu Jaissles Wechsel: „Wenn ich zweimal Meister in Österreich war, dann hätte ich meine Zukunft in Deutschland gesehen und nicht in Saudiarabien!“
Foto: Red Bull Salzburg.