Fußball

Die rote Nacht von Madrid: Liverpool mit Klopp am Gipfel

Ein Blitzelfer, den der 42jährige slowenische Referee Damir Skomina schon nach 23 Sekunden (!) verhängte, und ein spätes Tor des belgischen Jokers Divock Origi nach 88 Minuten machten den FC Liverpool mit dem 2:0 (1:0) gegen Tottenham vor 68.000 Zuschauern in Madrid erstmals seit 2005 zum Champions League-Sieger, sorgten für den ersten Titel des deutschen Kulttrainers Jürgen Klopp mit den „Reds“, seinen ersten Sieg in seinem dritten Endspiel der Königsklasse. Liverpool zog  die Lehren aus der 1:3-Niederlage des Vorjahrs in Kiew gegen Real Madrid, verzichtete auf ein großes Feuerwerk, auf eine bei Klopp gewohnte Vollgas-Veranstaltung, spielte lieber ökonomisch und zweckmäßig. Origi schoss in dieser Saison der Champions League dreimal aufs Tor des Gegners, traf dreimal. Zweimal beim 4:0 im Semifinale gegen den FC Barcelona an der Anfield Road, einmal im Endspiel im Wanda Metropolitano von Madrid. Ein Jahr zuvor spielte er mit Wolfsburg in der deutschen Relegation gegen Holstein Kiel. Unglaublich.

70.000 englische Fans in Madrid, obwohl beide Klub nur je 16.000 Tickets für das Endspiel bekommen hatten. Beiderseits blieben die Semifinalhelden auf der Bank. Origi bei Liverpool bis zur 58.Minute, ehe er für Roberto Firminho kam, Lucas Moura bei Tottenham acht Minuten länger, ehe er den defensiven Mittelfeldspieler Harry Winks ersetzte. Liverpool bot bis auf drei Ausnahmen die gleiche Startelf wie ein Jahr zuvor in Kiew auf: Im Tor stand der Brasilianer Allison Becker statt des deutschen Unglücksraben Loris Karius, im Abwehrzentrum der Deutsche Joel Matip statt des Kroaten Dejan Lovren, im zentralen Mittelfeld der Brasilianer Fabinho für Routinier James Milner, der nach 62 Minuten auf den Holländer Georgino Wijnaldum folgte.

Das schnellste Tor in einem Champions League-Endspiel seit Liverpools letzten Triumph im denkwürdigen Finale von Istanbul gegen Milan vor 14 Jahren spielte den „Reds“ in die Hände. Damals lag Liverpool nach einer Minute 0:1 hinten, als Paolo Maldini für die Italiener traf. Samstag traf Mo Salah (Bild oben), im Finale 2018 nach dem Foul von Sergio Ramos vor der Pause verletzt ausgeschieden, nach 167 Sekunden vom Elfmeterpunkt, obwohl er den Ball mit links nicht richtig traf. Skomina, erstmals 2008 im Wiener Happel-Stadion international aufgefallen, als er als vierter Referee beim 0:1 Österreichs im letzten EM-Gruppenspiel gegen Deutschland dafür sorgte, dass vor der Pause die Teamchefs Josef Hickersberger und Jogi Löw auf die Tribüne mussten, gab Penalty, als eine Flanke des Ex-Salzburgers Sadio Mane von der Brust des Franzosen Moussa Sissoko auf dessen ausgestreckten rechten Oberarm sprang. Das größte Streitthema dieser Saison, das Handsvergehen, sorgte auch im Endspiel für Diskussionen. Körperverbreiterung ja oder nein? Viele meinten, man kann ihn geben, muss ihn aber nicht.

Tottenham vermochte trotz des Comebacks von Harry Kane erst nach der Pause für Druck zu sorgen. Allison rettete bei einem Freistoß des Dänen Christian Eriksen das 1:0, ehe nach einem Eckball Origi traf. Damit war Klopp nach sechs verlorenen Endspielen in Serie in seinem 17.Jahr im Trainergeschäft am Gipfel. 47 Minuten vor Mitternacht riss Kapitän Jordan Henderson den Pokal in die Höhe, danach sangen die Sieger mit mehr als 20.000 Liverpool-Fans im Stadion die Vereinshymne „you never walk alone“. Eindrucksvoller als das Finale. Da gab es schon attraktivere und bessere in der Champions League als das erste ohne gelbe Karte mit Salah als ersten Ägypter, der es gewann. Und Klopp, der von sich behauptet, ruhiger geworden zu sein,  sah man schon viel euphorischer jubeln als an seinem größten Tag. Auf der Bühne griff er den Pokal nur kurz an, gab den sofort an die Spieler weiter. Eine Viertelstunde vor Mitternacht wirkte er im „Sky“-Interview zwar aufgekratzt, aber noch angespannt: „Das fühlt sich sehr gut an.  Ein superschweres Spiel nach drei Wochen Pause. Beide Mannschaften können besser kicken. Wir spielten schon bessere Finali, haben die aber verloren. Diesmal hatten wir kein Pech, das hat gereicht.“

Daher war die Nacht von Madrid rot.  Von der noch eine Szene in Erinnerung blieb: Nach 18 Minuten stürmte eine Flitzerin, das 22jährige amerikanische Modell Kinsey Wolanski in einem knappen schwarzen Badeanzug mit Werbung für eine Sex-Website den Rasen. Bis zum Schlusspfiff hatte sie auf Instagram 500.000 Follower.

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