Fußball

Die Wahrheit über Stuchlik

Als Thomas Steiner Mittwoch Abend im ORF-Studio für die Champions League die Fehler des polnischen Referees Szymon Marciniak beim 2:1 von Juventus über Tottenham in Wembley aufgezeigt hatte, fragte ihn Moderator Rainer Pariasek, ob er etwas zur gerüchteweisen Trennung zwischen Fußballbund und Schiedsrichtermanager Fritz Stuchlik wisse. Steiner, immerhin Mitglied der ÖFB-Schiedsrichterkommission, deren Chef der Wiener Verbandspräsident Robert Sedlacek ist und zu der prominente Ex-Referees wie Günther Benkö und Konrad Plautz  gehören, tat überrascht. Obwohl dies seit spätestens Montag in Kreisen der Kommission bekannt war. Bereits am Wochenende bekamen die Beobachter der Unparteiischen bei den Bundesligaspielen, als sie wie gewohnt ihre Berichte per Mail an Stuchlik geschickt hatten, als Antwort, man sollte dies ab sofort an Herbert Kolm, den zweiten Mann, der im ÖFB für das Management der Referees zuständig ist, tun. Donnerstag Mittag bestätigte der ÖFB in einer knappen Aussendung die wohlgemerkt einvernehmliche Trennung von Stuchlik in drei knappen Sätze,ohne auf die Gründe einzugehen. Mit der Zusicherung, Stuchliks Position werde zeitnah neu besetzt. Auch vom 52jährigen ehemaligen Spitzenreferee gab es keinen Kommentar. Gehört offenbar zu einvernehmlich.

Die Trennung sprach nicht die Schiedsrichterkommission, sondern ÖFB in Person von Generalsekretär Thomas Hollerer aus. Das erste Erdbeben in Sachen Stuchlik hatte es bereits letzten Sommer gegeben. Das lag  noch in der Zuständigkeit der  Kommission. Bis dahin galt der Wiener, der als einziger Referee der Welt Ryan Giggs, Legende von Manchester United und nunmehr Teamchef von Wales, in seiner aktiven Zeit die rote Karte gezeigt hatte, nämlich 2001 in der WM-Qualifikation zwischen Polen und Norwegen, als der mächtigste Mann. Zuständig für die Ausbildung der Referees, die Besetzung der Bundesligaspiele, die Organisation etc. Die Degradierung galt als Reaktion auf die immer häufiger werdenden Proteste der Ligaschiedsrichter gegen Umgangston, Besetzungen etc. Differenzen im Schiedsrichterwesen sind keine österreichische Eigenheit. In Deutschland griff nach einem öffentlichen Kritik von FIFA-Referee Manuel Gräfe an den Spitzenfunktionären Herbert Fandel und Hellmuth Krug sogar die Ethikkommission des Verbands unter dem ehemaligen Außen-und Justizminister Klaus Kinkel ein. Degradierte die Funktionäre. In Österreich passierte es ohne Ethikkommission.

Verbürgt ist, dass in einer Sitzung von Österreichs Schiedrichterkommission einmal jemand aus Ärger über Stuchliks schroffen und fast diktatorischen Umgangston Stuchlik fragte, ob er sich denn für Gott halte. Und er dies nicht verneinte,sondern sogar bejahte. Seit letzten Sommer war Stuchlik nicht mehr für Besetzung und Ausbildung zuständig, sondern nur noch für Administration und Urlaube. Die Besetzungen übernahm übrigens der „unwissende“ Thomas Steiner. Abre auch die „reduzierten“Aufgaben bedeuteten für Stuchlik ein riesiges Betätigungsfeld. Organisation von Lehrgängen, Fortildunen, Reisen etc. Sogar seine Kritiker geben zu, dass er dies anständig erledigt. Auch wenn es öfters Vorbehalte gab, weil er öfters aus seinem „Home Office“ arbeitete statt aus dem Büro im ÖFB. Das kann aber nicht der Grund für die Trennung gewesen sein. Stuchlik musste auch ein riesiges Budgets um die zwei Millionen Euro verwalten und einsetzen. Vielleicht gab es dabei gravierende Auffassungsunterschiede. Die Wahrheit darüber wird sicher keiner erfahren.

Es gibt eine sogenannte Interessengemeinschaft Schiedsrichter um den ehemaligen Spitzenreferee Bernhard Brugger, die seit Jahren speziell Stuchlik, aber auch der Schiedsrichterkommission sehr kritisch gegenüberstand, immer wieder Misstände, die es aus ihrer subjektiven Sicht gab, anprangerte. Ohne wirklich ernst genommen zu werden. Die IG  vermutet jetzt, dass rund um Stuchliks Beobachtung des 2:2 von Juventus gegen Tottenham in Turin einiges passiert sein muss, das zur Trennung führte. Fordert vollständige Aufklärung und den Rücktritt der gesamten Kommission, Beides wird nicht passieren. Denn es gibt andere Sorgen und Grundsatzfragen. Sorgen, dass kein österreichischer Unparteiischer bei den drei entscheidenden Herren in der Schiedsrichterkommission der UEFA, der italienischen „Glatze gnadenlos“ Pierluigi Collina, dem Schotten Hugh Dallas und dem Franzosen Marc Batta so hoch im Kurs steht, dass er in absehbarer Zeit mit Einsätzen in der Champions League oder bei einem Großereignis wie Welt-oder Europameisterschaften rechnen kann.

Das Grundsatzproblem: Es gibt einen Antrag des Vorarlberger Referees Robert Schörgenhofer, der im Februar 45 Jahre alt wurde. Der Inhalt: Man sollte über die Anhebung der Altersgrenze nachdenken. Derzeit müssen Schiedsrichter national mit dem vollendeten 45. Lebensjahr ihre Karriere beenden. Würde in der nächsten Saison auch auf Schörgenhofer zutreffen. Aber er will weiter pfeifen. Als erste rot-weiß-rote Ausnahme.

 

 

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