Man muss ja nicht mit dem umstrittenen FIFA-Präsidenten Gianni Infantino einer Meinung sein, der wenig überraschend von der besten WM aller Zeiten schwärmte. Keine zweite Meinung gibt es über das Finale zwischen Titelverteidiger Frankreich und Argentinien. Egal, ob krönender Abschluss oder Nonplusultra, alles stimmt. Frankreich kann als erste Mannschaft seit Brasilien vor 60Jahren den Titel verteidigen, Didier Deschamps der erste sein, der als Spieler Weltmeister war (1998) und dies als Teamchef zweimal hintereinander schafft. Alle gönnen Argentiniens 35 jährigen Kapitän Lionel Messi, mit seinem 172. und letztem Länderspiel erstmals Weltmeister zu werden. Aber Frankreich erwies sich bisher als kompletteste Mannschaft der Weltmeisterschaft. Die sowohl dominant auftreten als auch mit einer kompakten Defensive auf Resultat spielen kann. Dagegen könnte sogar Messis Kreativität nicht reichen. Dann wäre Frankreichs Nummer 10, Kylian Mbappe, mit erst 23 Jahren und nur 66 Länderspielen schon zum zweiten Mal Weltmeister.
Für Messi wird es das 48. Finale seiner Karriere mit Argentinien, Barcelona und Paris St. Germain. Das erste war 2005 das Endspiel der U 20-WM, als er beide Tore zu Argentiniens 2:1 gegen Nigeria erzielte. Das bisher letzte am 31. Juli um den französischen Supercup, das 4:0 mit Paris St. Germain gegen Nantes. Vor vier Jahren eliminierten die Franzosen auf dem Weg zum Titel im Achtelfinale von Kazan Argentinien, verwandelten einen 1:2-Rückstand zum 4:3 (1:1) durch drei Tore innerhalb von zehn Minuten, zwei von Mbappe zum 2:2 und 3:2. Auch damals spielten Hugo Loris, Abwehrchef Raphael Varane, Antoine Griezmann, Olivier Giroud und Mbappe, bei den Verlierern fiel damals Messi kaum auf.
„Er spielt jetzt eine andere Rolle als damals, eine offensivere“, konnte sich selbst Deschamps nicht vorstellen, dass Messi nochmals so „diskret“ agieren wird. Im Semifinale gegen Marokko fielen bei Frankreich der Ex-Salzburger Dayot Upamecano und Adrien Rabiot wegen Erkältungen aus, im Endspiel könnte es die Innenverteidiger Varane und Ibrahima Konate treffen. Egal, ob Messi oder Mbappe Weltmeister wird, Katar gewinnt mit. In Person von Nasser Al-.Khelaifi, dem Chef von des „Qatar Sports Investment“-Fonds, der vor elf Jahren Paris St. Germain übernahm. Frankreichs Meister wird am 28. Dezember die Ligue 1 auf jeden Fall mit einem Weltmeister fortsetzen.
Platz drei ging Samstag an Kroatien durch ein 2:1 (1:1) gegen Marokko. Zum zweiten Mal nach 1998 in Frankreich (damals 2:1 gegen Holland) gewannen die Kroaten bei der WM das Match um Rang drei. Vier Jahre nach dem Vizeweltmeistertitel ein Riesenerfolg für die verschworene Einheit um Teamchef Zlatko Dalic und den überragenden Kapitän Luka Modric. Als drei Wochen zuvor, am 23. November, Kroatien und Marokko in ihrem ersten Gruppenspiel aufeinandergetroffen waren, fiel kein Tor. Gestern hieß es schon nach neun Minuten und zwei Kopftore 1:1. Zunächst ging Kroatien nach Freistoß von Lovro Majer und Kopfball von Ivan Perisic durch das erste WM-Tor von „Maskenmann“ Josko Gvardiol in Führung, zwei Minuten später glich Marokkos Innenverteidiger Achraf Dari aus. Das Siegestor gelang Mislav Orsic mit einem perfekten Schlenzer über Tormann Bono ins lange Eck. Dalic ließ Majer und Orsic erstmals von Beginn an spielen, damit hatte er ein glückliches Händchen. Bei Marokko fiel die Viererabwehr bis auf Rechtsverteidiger Achraf Hakimi aus, was Teamchef Walid Regragui als mitentscheidend für die Niederlage bezeichnete. Im Finish fielen Marokkos Spieler erstmals bei dieser WM negativ auf, als sie bei jeder Entscheidung von Katar-Referee Abdulrahim Al Jassim reklamierten, ihn auch nach Spielschluss bedrängten. Dabei passierte Al Jassim, besser gesagt dem Video Assistant Referee, nur ein schwerer Fehler: Er übersah einen klaren Elfmeter für Kroatien.
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