Fußball

Messis Erlösung mit Argentiniens Titel: Ein WM-Märchen für die Ewigkeit

Argentinien und sein Kapitän Lionel Messi haben ihr WM-Weihnachtsmärchen. Mit dem dritten WM-Titel nach 1978 und 1986 und dem ersten für den 35 jährigen Messi in seinem 26. WM-Spiel, mit dem er einen Rekord aufstellte. Es war eines der dramatischsten Endspiele der WM-Geschichte, dem ersten seit 2006, das im Elfmeterschießen entschieden wurde. So wie vor zwölf Jahren wieder gegen Frankreich. Damals verloren die Franzosen in Berlin das Penaltydrama gegen Italien 3:5, Sonntag in Doha gegen Argentinien 2:4. Zur Pause lag der gescheiterte Titelverteidiger 0:2 zurück, nach 90 Minuten stand es 2:2, nach 120 Minuten 3:3. Besonders bitter für Frankreichs Kylian Mbappe zwei Tage vor seinem 24. Geburtstag. Als erster Spieler seit Geoff Hurst 1966 in Wembley erzielte er in einem WM-Finale drei Tore.  Für England reichte das damals zum 4:2 gegen Deutschland im Nachspiel und zum WM-Titel, für Mbappe nicht zu seinem zweiten WM-Titel. Staatspräsident Emmanuel Macron kam von d er Tribüne auf den Rasen, um Mbappe und die anderen Verlierer zu trösten. Für Mbappe blieb als kleiner Trost der goldene Schuh für den WM-Torschützenkönig. Acht Treffer erzielte er. Nicht genug.

Bis zur 80. Minute war nicht zu erahnen, wie dramatisch das Duell um den WM-Titel noch werden sollte. Argentiniens Teamchef Lionel Scaloni, mit 44 der jüngste der WM, überraschte seinen Kollegen mit der Nominierung des 34 jährigen Angel di Maria, der zuvor in der k.o.-Phase wegen Oberschenkelproblemen fehlte. Der Routinier, der 2014 mit Real Madrid Champions League-Sieger war, danach im verlorenen WM-Finale von Rio de Janeiro verletzt ausfiel, von 2015 bis 2022 bei Paris St. Germain spielte, stürmte über links, wuchs zur bestimmenden Figur der ersten Hälfte, die Frankreich nicht in den Griff bekam. Als ihn Ousmane Dembele im Strafraum zu Fall brachte, gab es Elfmeter, den Messi sicher verwandelte. Damit war die Nummer zehn der erste Spieler der WM-Geschichte, der sowohl im Achtel-, als auch im Viertel- und Semifinale sowie im Endspiel ein Tor erzielte. Messi leitete auch den perfekten Konter über Julian Alvarez und Alexis Mac Allister ein, den di Maria zum 2:0 abschloss. Argentinien wirkte aggressiver und hungriger nach dem Titel, Frankreich war bis dahin praktisch nicht vorhanden. Deshalb brachte Deschamps noch vor der Pause Randal Kolo Muani und Marcus Thuram für Olivier Giroud und Dembele. Das schien aber vorerst nichts zu ändern.

Nichts deutete auf einen Umschwung hin, als Scaloni nach 64  Minuten Verteidiger Marcos Acuna für di Maria einwechselte. Aber dann kamen 95 Sekunden, die zwischen der 79. und 81. Minute alles änderten: zunächst ein unnötiges Elfmeterfoul von Abwehrchef Nicolas Otamendi an Kolo Muani, den Spieler von Oliver Glasner bei Eintracht Frankfurt. Mbappe verkürzte auf 1:2, Tormannriese Emiliano Martinez konnte den Ball nur berühren. Kurz darauf verlor Messi im Mittelfeld den Ball gegen den kurz zuvor eingewechselten Bayern-Legionär Kingsley Coman  aus der Aktion entstand der Ausgleich durch einen Volley von Mbappe nach Vorlage von Thuram. Damit hatte Deschamps mit seinen Jokern alles richtig gemacht. Auf einmal spielte Frankreich, drängte Argentinien in die Defensive. Im Nachspiel führte aber wieder Argentinien. Messi traf nach 109 Minuten, als Hugo Lloris einen Schuss von Lautaro Martinez nur kurz abwehrte. Doch noch einmal glich Frankreich aus. Durch seinen zweiten Elfmeter wegen eines Hands von Sevilla-Verteidiger Gonzalo Montiel. Der überzeugende Referee Szymon Marciniak sah auch das richtig. Mbappe schoss wieder, schickte Martinez ins falsche Eck. In der Nachspielzeit der Verlängerung scheiterte zunächst Kolo Muani beim Matchball für Frankreich an Martinez, danach vergab Martinez per Kopf die Chance auf Argentiniens 4:3. Daher Elfmeterdrama.

In dem mit Mbappe und Kolo Muani nur der erste und vierte französische Schütze trafen. Dazwischen scheiterte Kingsley Coman an Martinez, schoss Aurelien Tchouameni daneben. Alle Argentinier hatten bessere Nerven:  Zuerst Messi, dann der für das Elfmeterschießen eingewechselte Paulo Dybala, dann Leandro Paredes und als vierter und entscheidender Montiel. Das WM-Weihnachtsmärchen fürdie Ewigkeit war perfekt. Der Auftakt zur großen argentinischen Party. Argentinien gewann bis auf den Goldenen Schuh des Torschützenkönig alles. Der 21 jährige Enzo Fernandez, bei Benfica Lissabon ein Schützling von Ex-Salzburg-Trainer Roger Schmidt, wurde als bester Jungspieler der WM ausgezeichnet, Martinez mit dem Goldenen Handschuh als bester Tormann. Messi bekam nach seinem letzten Spiel für Argentinien zunächst den Goldenen Ball als bester Spieler der WM, streichelte und küsste danach bereits den WM-Pokal, den er wenig später jubelnd in die Höhe halten konnte. Mit einem Umhang samt echten Goldfäden, den ihm Katars Emir Tamim bin Hamd Al-Thani über sein Trikot zog. Was Messi sichtbar irritierte. Der Umhang heißt Bischt, wird in Katar von wichtigen Persönlichkeiten am Nationalfeiertag getragen. Es war auf jeden Fall ein Messi-Feiertag, bei dem Tränen flossen. Die Söhnen waren beim Jubel mit dem Pokal dabei. Jetzt hat er den einzigen Titel, der ihm in seiner Sammlung noch fehlte, den wertvollsten der Welt. Eine Erlösung für ihn.

Mit Argentinien gewann adidas das Duell der Ausrüster gegen das US-Unternehmen Nike. Die umstrittenste WM aller Zeiten fand ein würdevolles Ende, von dem man noch lange reden wird. Zu den WM-Kuriositäten gehört, dass im Lusail-Stadium, in dem 88.000 Zuschauer, davon mehr als 40.000 aus Argentinien, das Finale sahen, nie wieder Fußball gespielt werden wird.  Die Sitzschalen werden ausgebaut und gespendet. Im Stadion entstehen Geschäfte, Restaurants, vielleicht sogar eine Schule und ein Krankenhaus.

Foto: FIFA.

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