Red Bull Salzburgs Sportchef Christoph Freund wirkte in Nyon so angespannt als ginge es nicht um die Jungbullen, sondern für die Kampfmannschaft um die Qualifikation zur Champions League. Aber eineinhalb Stunden später konnte er ein Happy End feiern, stolz auf einen neuen Meilenstein für Salzburg und Österreichs Fußball sein: Erstmals erreichte eine Mannschaft das Finale der europäischen Youth League. Durch ein völlig verdientes 2:1 (0:1) gegen Favorit FC Barcelona, den achten Sieg in diesem Bewerb. Bei dem erstmals ein Rückstand aufgeholt wurde. Man kann es auch so bezeichnen: Die Vorzeigeakademie von Didi Mateschitz in Liefering zwang Barcelonas weltberühmte Talenteschmiede „La Masia“ in die Knie. Das Schussverhältnis hieß am Ende 16:4! Da wünschte sich nachher ein Augenzeuge, der ehemalige Ligavorstand Georg Pangl in seiner Begeisterung über den Triumph: „Wäre schön, wenn das einmal bei den Erwachsenen gelingen würde.“ Das war zuletzt vor 34 Jahren, im März 1983 der Fall, als die Wiener Austria mit Friedl Koncilia, Robert Sara, Erich Obermayer, Ernst Baumeister, Felix Gasselich und Toni Polster den FC Barcelona im Viertelfinale des Europacups der Cupsieger eliminierte. Nach dem 0:0 in Wien tauschte Barcelona den Trainer. Von Udo Lattek zu Cesar Luis Menotti, Argentiniens Weltmeisterteamchef von 1978. Bei Retourspiel im Camp Nou debütierte Diego Maradona im Dress der Katalanen, aber Austria kam mit 1:1 dank des Auswärtstors des Steirers Gerhard Steinkogler sensationell weiter.
Zurück zur Gegenwart. Nach ihrem Triumph sahen sich Salzburgs Trainer Marco Rose und die Spieler erste Reihe fußfrei an, wie Benfica Lissabon durch ein 4:2 (3:1) über Real Madrid, bei dem es bereits nach 19 Minuten 3:0 stand, zum Endspielgegner avancierte: „Wir haben uns gegen Barcelona in das Spiel reingebissen, ließen nie nach, auch als wir Chancen vergaben,“ freute sich Rose. Verteidiger Sandro Ingolitsch vertrat den verletzten Xaver Schlager als Kapitän, den Supererfolg machten aber ein steirischer Wolf und neue Perle aus Sambia möglich. Es zahlt sich offenbar doch aus, wenn man viel Geld für Scouting und Rohdiamanten in die Hand nimmt.
Der steirische Wolf heißt mit Vornamen Hannes, feierte vergangenen Sonntag seinen 18. Geburtstag und steht auch noch im Maturastress. Darum ließ ihn sein Vater im März nicht mit zur Unter 19-Eliterunde mit Österreichs Team nach Tschechien. Beim Ausgleich zum 1:1 reagierte er sofort, als ihm Barcelonas Keeper Sergi Puig durch einen missglückten Abschlag den Ball servierte. Er traf mit links knapp vor der Strafraumrenze. Sein siebentes Tor im laufenden Bewerb. Im Dezember spielte er auch einmal in der Bundesliga, damit ist er der Jüngste, der in dieser Saison zum Einsatz kam. Seit 2014 ist der wie Steinkogler in Graz geborene Wolf in der Salzburger Akademie, begann in der U16. Und er hat auch prophetische Gaben. Denn als nach 59 Minuten Rose die im Winter geholte neue afrikanische Perle aus Sambia, Patson Daka, Schützenkönig beim U20-Afrikacup, einwechselte, sagte ihm Wolf: „Du wirst das Siegestor erzielen.“
Und es begab sich 15 Minuten später. Patson Daka verwertete einen Pass von Wolf, feierte sein erstes Siegestor für Salzburg mit einem akrobatischen, sehenswerten Flik-Flak. Wie er es seit Kindheitstagen immer gewohnt ist. Die hundert mitgereisten Salzburg-Fans stimmten wahre Jubelchoräle an. Sie wollen am Montag den nächsten Flik-Flak von Patson Daka sehen. Für die jungen Wilden ist nichts unmöglich. Rose sagte zurecht: „Wir trauen uns den nächsten Sieg zu. Wer den FC Barcelona eliminiert, kann auch Benfica Lissabon bezwingen.“
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