Zweimal hat der im deutschen Villingen und daher fließend deutsch sprechende bosnische Teamchef Robert Prosinecki schon Siege über Österreich gefeiert. 1990 als Topspieler, der noch heute in den Geschichtsbüchern steht, weil er für zwei Nationen WM-Tore erzielte (1990 in Italien für Serbien, 1998 in Frankreich für Kroatien), beim 4:1 von Jugoslawien in der EM-Qualifikation in Belgrad. Beim 2:0 in Wien fehlte er ein Jahr später wie alle jugoslawischen Stars mit kroatischen Wurzeln. 2008 gehörte Prosinecki mit Ex-Austria Salzburg-Torjäger Nikola Jurcevic zu den Assistenten von Kroatiens Teamchef Slaven Bilic, als im Happel-Stadion das 1:0 im ersten EM-Gruppenspiel gegen Österreich gelang. Jetzt mit 49 möchte er Dienstag Abend in Zenica seinen ersten „Chefsieg“ über Österreich feiern.
Wäre zugleich auch der erste der Bosnier im vierten Duell gegen Rot-Weiß-Rot. Vor 17 Jahren gab es in der WM-Qualifikation vor 32.000 Zuschauern im Kosovo-Stadion von Sarajevo ein 1:1, bei dem der Tiroler Michael Baur Österreichs Ausgleich erzielte. Im Happel-Stadion sorgten zwei Tore von Andi Herzog für das 2:0, den rot-weiß-roten Heimsieg, als Bayern Münchens nunmehriger Sportchef Hasan Salihamidzic für die Bosnier spielte. Ob er Mittwoch David Alaba böse wäre, wenn der als Sieger über Bosnien zu den Bayern zurückkehrt? Das dritte Duell stieg am 31. März 2015 im Happel-Stadion. Ein 1:1 mitten in Österreichs bestechender Qualifikation für die EM 2016 zwischen 5:0 in Vaduz und 1:0 in Moskau. Bei Österreich damals vom aktuellen Kader im Einsatz: Aleksandar Dragovic, Kevin Wimmer, Sebastian Prödl, Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer und Marko Arnautovic, bei den Bosniern die Innenverteidiger Toni Sunjic und Ervin Zukanovic sowie die Topstars Miralem Pjanic und Edin Dzeko.
Der Antrieb von Prosinecki mag auch etwas gekränkter Stolz sein, weil er nach dem Ende seines Gastspiels als Teamchef in Aserbaidschan in Österreich keine Chance besaß, als Nachfolger von Marcel Koller zum Zug zu kommen. Auf Grund der bisherigen Bilanz unter Franco Foda hat in Österreich keiner bereut, dass die Wahl vor einem Jahr auf ihn gefallen war. Ganz im Gegenteil. Lobeshymnen begleiteten sein Team Montag am Flug von Graz nach Sarajevo und bei der einstündigen Busfahrt zu Österreichs erstem Match in Zenica, zum Einstand von Arnautovic als Teamkapitän. Josef Hickersberger, einer der Vorgänger Fodas, sprach sogar vom besten Team dieses Jahrzehnts. Obwohl Österreich noch vor zwei Jahren bei der EM-Endrunde vertreten war. Womit Hickersberger Recht hat: Der Kader ist jetzt ausgeglichener besetzt als 2016, das Angebot an Spielern größer. Auch Ex-Abwehrchef Martin Stranzl, stets ein kritischer Geist im konstruktiven Sinn, sprach beim 2:0 gegen Schweden von einer positiven Tendenz, mahnte aber ein: „Es darf sich weiterhin keiner wichtiger nehmen als das Gesamtprodukt.“ Das heißt in diesem Herbst Gruppensieg.
Die Gefahr des Spiels in Zenica, die Foda kennt und die er auch während der Vorbereitung in Bad Waltersdorf(Bild oben) seiner Mannschaft einschärfte: Eine Niederlage würde praktisch das zerstören, was seit letzten November geleistet wurde, den Wert von sechs Siegen in sieben Spielen. Dann wäre alles Makulatur, dann zählt nur, dass es nicht klappte, als es im Ernstfall darauf ankam. Wenn es keine Niederlage gibt, dann passt die Marschroute. Unter einem Unentschieden leidet das Image sicher nicht: „Wir werden mehr Räume als gegen Schweden haben, um schnell nach vorne zu spielen“, prophezeite Foda. Und genau das will er sehen. Nicht zu viele Ballkontakte in der eigenen Hälfte, sondern zügig nach vorne.
Zwei drei Positionen sind noch offen, ebenso sind die Überlegungen zwischen drei Innenverteidigern oder Viererabwehr nicht abgeschlossen. Behauptet der Teamchef zumindest. Sollte Stefan Lainer nicht topfit sein, würde Valentino Lazaro rechter Verteidiger spielen. Der Wahrheitsgehalt solcher Aussagen ist nicht überprüfbar. So spricht jeder Trainer, der am Tag vor dem Spiel seine Karten nicht aufdecken, die Spannung in seinem Kader hochhalten will. Fodas großes Ziel heißt Qualifikation für die EM 2020. Am besten nicht erst im März 2020 über das Play-off in der Nations League, sondern zuvor 2019 über die direkte Qualifikation. Und das ist durchaus realistisch, muss gar kein Traum sein. Auch wenn Foda behauptet: „Ohne Träume kann es keine Erfolge geben.“