Am 20. Februar 2001 feierte Österreichs Doublegewinner Sturm Graz seinen bisher letzten Sieg in der Champions League. Den zweiten Treffer beim 2:1 in der Zwischenrunde nach dem Gruppensieg bei Panathinaikos Athen erzielte Mario Haas, der letzten Montag seinen 50 Geburtstag feierte. Wird Donnerstagabend der 19. September 2024 zum neuen Datum des letzten Sturm-Siegs in der Königsklasse? Ist dies dem Tabellenführer der Bundesliga gegen den 14. der Ligue 1 zuzutrauen, der noch dazu nicht im eigenen Stadion spielen kann, sondern nach Guingamp ausweichen muss? Das sieht einer, der es wissen muss, als Vorteil für die“Blackies“. Nämlich Monaco-Trainer Adi Hütter, der letzte Saison beide Duelle gegen Brest 2:0 gewonnen hat. Aber ansonst sieht er im verpatzten Start der Mannschaft aus der Bretagne nicht unbedingt ein Formtief von Brest: „Sie haben gegen Meister Paris St.Germain, den Zweiten Olympique Marseille und den Vierten Lens verloren. Sturm muss auf einen physisch starken Gegner eingestellt sein!“ Die größte Gefahr sieht Hütter im 28 jährigen Stürmer Romain Del Castillo: „Ein Linksfuß, der auf der rechten Seite spielt, Spezialist für Standards ist.“
Mit Linksverteidiger Bradley Locko fehlt ein Silbermedaillengewinner von Olympia in Paris wegen einer angerissenen Achillessehne. Die Fans nennen den Klub, der mit 48 Millionen Euro das viertkleinste Budget der Ligue 1 hat, auch „Les Pirates“, die Piraten. Französische Medien bezeichneten Platz drei in der letzten Saison als größte Außenseiter-Story im europäischen Fußball. Als Coup einer Mannschaft ohne Stars. Der Spieler mit dem höchsten Marktwert, mit 15 Millionen Euro, ist eine Leihgabe von Bournemouth aus der Premier League Mittelfeldspieler Romain Faivre, der letzte Saison bei den Engländern nur auf sechs Einsätze kam.
Der gesamte Marktwert von Brest macht 123,7 Millionen aus, der von Sturm nur 67,9. Von Präsident Christian Jauk über Sportchef Andreas Schicker bis zu Christian Ilzer sehen alle schon das Dabeisein als etwas Großartiges, aber der Ehrgeiz von Schicker und Ilzer verhindert, sich damit zufrieden zu geben. „Wer glaubt, dass das der Gipfel war, der täuscht sich. Das war eine Stufe“, hatte Ilzer vor vier Monaten auf Gratulationen zum Double geantwortet. Der wahre Gipfel für Sturm wäre es, nach acht Runden gegen Brest, den Meisterteams aus Belgien und Portugal, FC Brügge und Sporting Lissabon, bei Borussia Dortmund, dem Finalisten der letzten Saison, gegen Girona, Lille, Europa League-Gewinner Atalanta Bergamo und RB Leipzig in der k.o.-Phase zu stehen, ins Achtelfinale aufzusteigen. Das wäre eine neue Dimension für Sturm. Eine gab es bereits letzte Woche: Die Eröffnung des großen und hochmodernen SturmShop im Einkaufszentrum Seiersberg.
Ilzer stehen Donnerstag alle Spieler zur Verfügung. Aus der Aufstellung macht er ein Geheimnis, auch deshalb trainierte Sturm Mittwoch noch in Messendorf, nicht in Guingamp. Fix ist, dass Innenverteidiger Emanuel Aiwu der einzige Österreicher in der Startelf sein wird. Zu ihr gehören sicher auch je ein Holländer (Tormann Kjell Scherpen), Schweizer (Abwehrchef Gregory Wüthrich), Bosnier (Yusuf Gazibegovic), Belgier (Dimitri Lavalee), Georgier (Otar Kitesihvili) und Däne (Torjäger Mika Biereth) sowie zwei Slowenen (Ion Gorenc Stankovic, Tomi Horvath). Sky Austria zeigt die Sturm-Rückkehr live, die Experten im Münchener Studio sind Andreas Herzog und Julian Baumgartlinger.
Foto: Sturm Graz/Sebastian Atzler.