Wie erwartet kassierte Österreichs Eishockeyteam Sonntagabend in Prag vor 13.512 Zuschauern gegen die Schweiz die zweite Niederlage. Aber wie es sich beim unglücklichen 5:6 (2:1, 2:3, 1:2) präsentierte, das kam unerwartet. Wie Tag und Nacht im Vergleich zur Abfuhr von Dänemark, aggressiver, schneller, unkomplizierter. Es war die beste und mitreißende Leistung der letzten Jahre, die Teamchef Roger Bader mit der vor zwei Jahren beim Sieg gegen Tschechien in Tampere verglich. Österreich hätte sicher einen oder zwei Punkte verdient, die Chance auf drei bestand sogar, als Marco Rossi beim Stand von 5:5 vier Minuten vor Schluss allein vor dem Schweizer Tormann Akira Schmid auftauchte, aber in dessen Fanghand schoss. In letzter Konsequenz entschied für die Schweizer die individuelle Klasse von zwei NHL-Stars, von Roman Josi und Nico Hischier. Die Kapitäne der Nashville Predators und New Jersey Devils erzielten zusammen fünf der sechs Schweizer Treffer. Hischier drei, Josi zwei.
Es war großes Kino, das in der 02-Arena geboten wurde. Österreich führte 2:0 und 3:1, glich einen 3:4 und 4:5-Rückstand auf. Das spricht für den Spirit und die Moral der Mannschaft. Zum Kino gehörte auch, wie Arno del Curto, der Schweizer Assistent von Teamchef Roger Bader, auf der Bank agierte. Wie ein Vulkan. Gegen die Dänen wirkte er ungewohnt ruhig, gegen seine Landsleute sah es ganz anders aus. Er motivierte oder beruhigte die Spieler, war stets zwischen ihnen, nie hinter der Spielerbank. Ein Erlebnis. Wie es für Verteidiger Clemens Unterweger sein erstes WM-Tor nach einem von Rossi gewonnen Bully zum 1:0 war. Das sein aus Huben in Ottirol angereister Fanklub ebenso auf der Tribüne bejubelte wie seine Eltern. Das Verhängnis begann mit den ersten Strafen der Österreicher, bei denen es nur zwei Umstellungen gab: David Kickert statt David Madlener, der nur auf der Tribüne saß, im Tor, Benjamin Baumgartner statt Lucas Thaler im Angriff, in einer Linie mit Manuel Ganahl und dem nachher zum besten Österreicher gewählten Lukas Haudum. Nur 24 Sekunden nach dem 2:0 durch die vierte Linie (Paul Huber nach Assist von Vinzenz Rohrer) musste Dominic Zwerger wegen Tripping auf die Strafbank, 47 Sekunden später auch Haudum, weil ein Österreicher zu viel auf dem Eis war. Mit zwei Mann mehr brauchte die Schweiz nur vier Sekunden zum Anschlusstor durch Kapitän Josi.
Nach 43 Sekunden des zweiten Drittels fiel Österreichs erstes Powerplaytor durch Haudum. Hischier antwortete 38 Sekunden später mit dem zweiten Schweizer Treffer. Als wieder zwei Österreicher (Benjamin Baumgartner, David Maier) auf der Strafbank Platz nehmen mussten, brauchte Josi nur 36 Sekunden zum Ausgleich, 13 Sekunden später ging die Schweiz mit fünf gegen vier 5.3 in Führung. Österreich schlug zurück: Mit Haudums zweitem Powerplaytor. Als Ali Wukowits wegen Tripping draußen war, nützte dies die Schweiz nach 43 Sekunden des letzten Drittels wieder zur Führung. Durch Hischier. Österreich gab auf, glich zum zweien Mal aus. Weil der Schweizer Keeper Schmid bei einem Schuss von Baumgartner daneben griff. Als alles nach Unentschieden und Verlängerung aussah, schickte der amerikanische Referee Sean MacFarlane Wolf wegen Haltens auf die Bank. Eine Entscheidung, über die man streiten kann. Auf jeden Fall hart. Hischier nütze sie 51 Sekunden vor Schluss zur Entscheidung. Der starke Kickert sah beim fünfter Powerplaytor de Eidgenossen nicht glücklich aus, hätte die Tormannecke zu machen müssen. In die traf der von hinter dem Tor kommende Hischier. Das erste WM-Duell zwschen Vater und Sohn gab es nicht: Thierry Bader sah den Krimi von der Tribüne. Für die WM angemeldet ist er noch nicht.
Für die unglücklichen Verlierer gibt es vor dem Duell gegen Weltmeister am Dienstagabend einen freien Montag ohne Training. Dänemark verlor am Tag nach dem problemlosen Sieg über Österreich gegen Kanada zwar 1:5 (0:2, 1:0, 0:3), gewann aber gegen den Weltmeister, für den Jungstar Connor Bedard das erste und dritte Tor erzielte, ein Drittel. Bis zur 58. Minute stand es 1:3, ehe die Dänen ihren Tormann vom Eis nahmen. Da fiel der vierte Treffer. Für die Dänen traf Christian Wejse, der Stürmer mit der angenähten Nasenspitze. Zwei aus ihrem Team spielen nächste Saison in Klagenfurt beim KAC: So wie bisher ihr Kapitän, Verteidiger Jesper Jensen Aabo, der im Finish mit Bedard Handgreiflichkeiten „austauschte,“ für die beide auf die Strafbank mussten, neu Stürmer Mathias From. Der 26 jährige kam zwar in den ersten zwei WM-Spielen weder zu Tor noch Assist, war aber in Dänemark bei Herning mit 86 Punkten Topscorer der Liga. Norwegen, Österreichs Gegner am Pfingtsonntag im vorletzten Spiel, brachte Samstagabend gestützt auf den hervorragenden Düsseldorf-Tormann Hendrik Haukeland Tschechien in Schwierigkeiten, führte nach dem ersten Drittel 3:2. Nach dem zweiten stand es 3:3, schließlich siegten die Tschechen mit acht NHL-Profis 6:3. Das Schussverhältnis hieß 49:11 für die Sieger. „Standesgemäß“ war Englands Auftritt gegen Finnland, der mit 0:8 endete. Diese Engländer sind der Schlüssel zu Österreichs Klassenerhalt. Mit einer Leistung wie gegen die Schweiz kann Österreich dieses Spiel nicht verlieren. Und das war der positivste Aspekt der zweiten Niederlage
Foto: IIHF.