Fußball

Hütter unter Beschuss: Auf das letzte Jahr verzichten!

Marc Janko gelang auch im Viertelfinale des Schweizer  Cups Werbung in eigener Sache für eine Vertragsverlängerung beim FC Basel zu machen. Österreichs Teamstürmer köpfelte beim 3:1 gegen Titelverteidiger  FC Zürich mit der ersten Chance den Ausgleich zum 1:1. Für Österreichs Trainerlegionär in der Schweizer Super League wurde der Cup hingegen zum großen Desaster: Adi Hütter scheiterte daheim mit Young Boys Bern  gegen Winterthur, den Vorletzten  der zweiten Liga, trotz 2:0-Führung, wobei Hütters Landsmann Thorsten Schick das 1:0 durch den französischen Torjäger Guillaume Hoarau ideal vorbereitet hatte, zur Pause. Schlecht verteidigt, Ausgleich kassiert, Chancen vergeben, in der Verlängerung Stange und Latte getroffen, das Elferschießen verloren. Und damit geriet der Vorarlberger schwer unter Beschuss des Schweizer Massenblatts „Blick“.

Fredy Bickel, der neue Rapid-Sportchef mit Young Boys-Vergangenheit, sah sich  Donnerstag in seinem Büro im Hütteldorfer Allianz-Stadion auf seinem Handy einigermaßen fassungslos die Interviews des noch von ihm nach Bern geholten Hütter zur schlimmen Blamage an. Der Cup galt als großes Saisonziel in Bern, am ersten Semifinale nach neun Jahren zweifelte eigentlich auf Grund der günstigen Auslosung niemand. Hütter gestand auch, ziemlich schockiert zu sein, sich bis auf die Knochen blamiert, alles verbockt zu haben: „Wir haben alle versagt!“ Er müsse dafür die Verantwortung übernehmen.  In seiner neunjährigen Trainerkarriere sei er zuvor nur einmal so frustriert gewesen: Als er mit Red Bull Salzburg 2014 in der Qualifikation zur Champions League nach dem Schock um den jetzigen Liverpool-Star Sadio Mane, der nicht zum Training und zur Abreise erschienen war, das Match boykottierte, um seinen England-Transfer zu erzwingen, durch das 0:3 in Malmö gescheitert war.

Da waren die Reaktionen in den österreichichen Medien  aber nicht so heftig wie seit Donnerstag in der Schweiz. Der „Blick“-Spezialist in Sachen Young Boys Bern, Alain Kunz,  konzedierte, dass  Hütter zwar ein äusserst angenehmer und hochanständiger Zeitgenosse sei, beredt und humorvoll, aber im Prinzip nicht weiter als alle gescheiterten Vorgänger. Auch 17 Puntke Rückstand in der Meisterschaft auf Basel seien kein Ruhmesblatt, da  der Titelkampf schon im Herbst nach wenigen Runden entschieden war. In der Europa League gegen Apoel Nikosia den Aufstieg in die Runde der letzten 32 verpasst zu haben, erstmals bei der vierten Teilnahme an der  Gruppenphase schon vor der letzten Runden chancenlos gewesen zu sein,  könne auch nicht als Erfolg verbucht werden.  Wenn Sportchef  Christoph Spycher am Saisonende über die Bücher gehe, könnte auch eine durchaus logische und nachvollziehbare Option sein, auf das letzte Jahr des Hütter-Vertrags zu verzichte. Der wurde vorzeitig bis 2018 verlängert.

Wenn man weiß, in welchem Zustand Hütter Young Boys im Herbst 2015 übernommen hat, ist das ziemlich heftig. Selbst wenn der „Blick“ mit seiner Forderung keine offene Ohren vorfindet, warten auf Hütter in Bern weiter schwere Zeiten. Denn es droht ihm eine Schwächung durch seinen früheren Sportchef in Salzburg, Ralf Rangnick: Der läßt seit Monaten den 22jährigen Yyon Mvogo, der alle Anlagen zu einem Klassetorhüter mitbringt, für RB Leipzig scouten. Die nächste Aufgabe für Hütter: Samstag das Berner Derby gegen Thun.

Meist gelesen

Nach oben