Zu Beginn trug Ralf Rangnick in Oslo eine weiße Kappe, dann wechselte er auf eine schwarze. Lange stand er mit schwarzer Regenjacke in der Coaching Zone, am Ende ohne. Da musste er sich mit der achten Niederlage in den 28 Spielen seiner Teamchefära abfinden. Die fünfte in der Nations League, zu der er bisher ein „gestörtes Verhältnis“ hat. Bei seinem Einstand gab es zwar ein überraschendes 3:0 über Kroatien in Osijek, aber das blieb der einzige Sieg. Niederlagen gab es gegen Dänemark (1:2, 0:2), Frankreich (0:2 in Paris) und Kroatien (das 1:3 im Happel-Stadion bedeutete den Abstieg). Und Montag auch in Oslo. Die Enttäuschung nach dem 1:2 gegen Norwegen war groß, die sah man auch in den Gesichtern der Spieler, die offenbar für diesen Bewerb nicht die gleiche Motivation mitbringen wie für das Topereignis Europameisterschaft. Auch deshalb reichte es statt erhoffter und angepeilter sechs Punkte aus den ersten zwei Spielen nur zu einem. Und dazu gab es die Erkenntnis, derzeit nicht gut genug, wie Kapitän Marcel Sabtzer ehrlich zugab. Nach dem 1:2 klingt es hart, entspricht aber der Realität: Mit Leistungen wie dieser wird die Qualifikation für die WM 2026 nicht klappen. Dazu braucht es neue Ideen. Wie man auch gegen tief verteidigende Mannschaften Torchancen kreiert, wie man mit Standards torgefährliche Situationen schafft.
Aggressiver und zielstrebiger müsse man agieren, praktisch immer wie ein Underdog spielen. Das sprach Rangnick nach der Pleite an. Aber liegt es nur daran oder an der Rollenverteilung? Hängt es davon ab, ob Konrad Laimer auf einer offensiveren Position beginnt als Sabitzer? Liegt es an der langen Ausfallsliste? Derzeit scheint es so, als suche man lieber nach Entschuldigen, statt über neue Varianten nachzudenken. David Alaba, Xaver Schlager und Sasa Kalajdzic fehlten auch schon bei der Europameisterschaft, alle Spieler, die in Oslo zur Startelf gehören, kamen bei den vier EM-Partien zum Einsatz. Trotzdem muss man sich eingestehen, dass Christoph Baumgartner nach Knieoperation und wegen zu wenig Spielpraxis nicht in einer so guten Verfassung wie vor drei Monaten sein kann, die Zeit von Marko Arnautovic abgelaufen ist. Und man muss lernen, damit zu leben, an vorderster Front keinen Extrakönner wie Norwegen mit Alexander Sörloth und Erling Haaland oder Slowenien mit Benjamin Sesko zu haben.
Schon das nächste Spiel bietet die Chance, zu zeigen, die richtigen Konsequenzen gezogen zu haben, auch personell. Denn Stanislaw Tschertschessow wird am 10. Oktober in Linz Außenseiter Kasachstan noch tiefer verteidigen lassen als Stale Solbakken am Montag Norwegen oder Matjaz Kek letzten Freitag die Slowenen. Das gilt nicht nur für Linz, sondern auch für das November-Duell gegen de Kasachen in Astana.
Foto: ÖFB, Christopher Kelemen.