Das „Geständnis“ von Uli Hoeneß, dem weiterhin sehr einflußreichem Ehrenpräsidenten von Bayern München, Uzur Trainersuche des enttrohnten deutschen Meisters könnten durchaus Einfluss haben, dass Ralf Rangnick seinen Vertrag als Österreichs Teamchef erfüllt und nicht nach der Europameisterschaft zu den Bayern wechselt. Hoeneß erklärte auf einer Podiumsdiskussion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass Rangnick bei Bayern München als Trainer nur dritte Wahl ist. Erst die Absagen von Xabi Alonso und Julian Nagelsmann führten dazu, dass Rangnick ein Angebot bekam. Hoeneß sprach zwar damit die Wahrheit, aber wenn man einen Trainer wirklich haben will, dann sagt man so etwas nicht in der Öffentlichkeit. Oder doch? Das gefiel Rangnick garantiert nicht. Das gilt eigentlich fürj eden Trainer, der von seinen Qualitäten und Vorzügen überzeugt ist. Nur engagiert worden zu sein, weil andere nicht zu bekommen waren, das hört keiner gerne. Zumal ihn das immer „verfolgen“ wird.
Der Hoeneß-Sager war die große Neuigkeit in der Causa Rangnick. Machte er den mit voller Absicht, um Rangnick zu „verhindern“? Ansonst gab es nichts Konkretes, was auf eine Entsscheidung Rangnicks hingedeutet hätte. Nur Spekulationen. Etwa, um viele Millionen Bayern Rangnick aus dem bis Ende 2025 laufenden Vertrag beim herauskaufen müßte. Da gibt’s eine große Bandbreite. Von Vermutungen, dass der ÖFB zunächst 15 Millionen Euro fordern würde. Eine Utopie, weil Bayern nie soviel für einen Trainer bezahlen würde, der nur dritte Wahl ist. Aus München verlautete, Bayern sei überzeugt, Rangnick bereits um drei zu bekommen. Nach dem Hoeneß-Sager ist es am wahrscheinlichsten, dass es zu solchen Verhandlungen gar nicht kommen wird.
Bayern beschäftigt derzeit am meisten das erste Semifinalspiel in der Champions League gegen Real Madrid am Dienstag in der Allianz-Arena. Vielleicht sogar das wichtigste Spiel in der Ära von Thomas Tuchel. Einige entdeckten inzwischen Gemeinsamkeiten zwischen Tuche und Rangnick. Vor 27 Jahren absolvierte Thomas Tuchel das letzte Spiel seiner aktiven Karriere in der Regionalliga Süd bei Ulm, als Rangnick dort Trainer war. Der verhalf Tuchel drei Jahre später zu einem Job in der Nachwuchsabteilung des VfB Stuttgart, als er die Profis trainierte. Deshalb bezeichnet Tuchel Rangnick als Initiator seiner Trainerkarriere. 2009 hatte Tuchel als U 19-Trainer von Mainz das Angebot von Rangnick, sein Nachfolger bei Hoffenheim zu werden. Tuchel lehnte ab, stieg bei Mainz auf, gewann in den nächsten zwei Saisonen alle vier Spiele gegen Hoffenheim und damit alle Trainerduelle gegen Rangnick (Bild), dessen Assistent wie jetzt bei Österreichs Team Lars Kornetka war. Bei Mainz spielten damals auch die ehemaligen österreichischen Teamkapitäne Andreas Ivanschitz und Christian Fuchs. Mainz gewann 2:1, 1:0 4:2 und 2:1, beim vierten Sieg erzielte Ivanschitz das Führungstor.
2015 bemühte sich Rangnick als Sportchef von RB Leipzig erneut um Tuchel. Der wollte jedoch nicht zum ambitionierten Zweitligisten, sondern sagte Borussia Dortmund zu. Rangnick soll darüber so wütend gewesen sein, dass er einen Papierkorb durch sein Büro kickte. Vorstellbar, dass ähnliches passierte, als er vom Hoeneß-Spruch erfuhr.
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