Fußball

Peter Schöttel war Windtners Rettungsanker

In Kroatien feuerte Verbandschef Davor Suker, der ehemalige Klassestürmer, am Tag nach dem schwachen 1:1 gegen Finnland in Rijeka seinen Teamchef Ante Cacic, weil die WM-Qualifikation in Gefahr kam. In Österreich präsentierte ÖFB-Präsident Leo Windtner einen Tag nach dem 3:2 gegen Serbien, das nichts an der  fast fahrlässig verspielten WM-Qualifikation änderte, seinen Rettungsanker: Peter Schöttel als neuen Sportdirektor nach 18 Jahren Willi Ruttensteiner. Durch den Wechsel hofft Windtner, sich aus der Schusslinie seiner Kritiker in den Landesverbänden  zu bringen.

„Wenn es Gegenwind  gibt, muss man an Steuer gehen, um wieder in ruhigere Gewässer zu kommen“, behauptete Windtner. Genauso hieß seine Devise in der Sportdirektorfrage. Bevor er es auf neue Kraftproben im Präsidium ankommen ließ,  trennten er sich  von seinem jahrzehntelangen Weggefährten. Damit verbindet er den Glauben auf eine bessere Aussendarstellung des größten Verbands Österreichs als in den letzten Wochen. Nach der  Präsidiumssitzung in Gmunden, die auf das 0:1 gegen Wales in Cardiff folgte, beschäftigte sich eine Task-Force mit den ÖFB-Geschäftsführern Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold sowie Austrias Vorstand Markus Kraetscmer als Vizepräsident der Bundesliga mit der Sportdirektorfrage, klopften mögliche Kandidaten ab. Ausländer kamen zu teuer, blieben Ruttensteiner und Schöttel. Ruttensteiner legte  Samstag Vormittag  im Danube Hilton Hotel die von ihm geforderte Analyse über die zweijährige Talfahrt des Teams vor, seine Ansätze zur Suche des Nachfolgers für Teamchef Marcel Koller. Danach stellte sich Schöttel,  er von der EM-Qualifikation mit der U 19 aus dem Pinzgau in die Hauptstadt gekommen war, einigen Fragen des Gremiums, ehe  nach nicht einmal drei Stunden kurz vor zwölf Uhr die Entscheidung für ihn fiel. Detailliertes Konzept legte er noch keines vor, da ihn Windtner erst vor zehn Tagen kontaktiert hatte, dafür auch durch  seine Aufgabe bei der U 19 keine Zeit blieb. Montag steigt in Leogang gegen Israel das entscheidende Spiel zum Aufstieg, ab Dienstag ist er Sportdirektor. Ruttensteiner fliegt zum letzten WM-Qualifikationsspiel in Moldawiens Hauptstadt Chisinau Sonntag gar nicht mehr mit. Ihm wurde Kommunikationsprobleme mit den Landesveerbandspräsidenten sowie Hollerer und Nuehold zum Vorwurf gemacht.

„Seine  Analyse war fundiert, kam aber in manchen Dingen leider mit Zeitverzögerung“ übte Windtner Kritik an der Tatsache, dass Ruttensteiner manche Probleme mit Koller nicht gleich nach der  verpatzten Euro im Sommer 2016 angepackt hatte. Aber da ließ den Präsidenten seine Erinnerung in Stach: In der Pressekonferenz zur EURO-Analyse einen Monat nach dem 1:2 gegen Island nickte Windtner Ruttensteiners Erklärungen, es seien von der Betreuerseite keine Fehler passiert, alles wäre auf Verletzungen oder Pech zurückzuführen, noch völlig kritiklos und zustimmend ab.  Aber jetzt gilt wohl das Sprichwort, wonach einem das Hemd näher als der Rock ist und der Rütlischwur im Präsidium, wonach beim Neuanfang mit Schöttel alle mit im Boot sind.  So redeten nach der Präsidiumssitzung nur Windtner, Ligapräsident Hans Rinner und Schöttel.

Für den hat ab Dienstag die Teamchefsuche Priorität, die bis Ende Oktober erledigt sein soll. Er wird der Task Force seine Kandidatenliste vorlegen, die dann verkleinert wird, ehe das Präsidium entscheidet. Schöttel würde, wenn möglich einer österreichischen Lösung den Vorzug geben, sofern sich keine ausländische als besser herausstellt. Er zählt Andi Herzog, seinen ehemaligen Mitspieler, zu den geeigneten einheimischen Kandidaten und musste sich deshalb  auf seiner ersten Pressekonferenz in neuer Funktion gleich den Vorwurf der möglichen Verhaberung, der auf den Tusch kommen könnte, anhören. Schöttels Replik: „Ich weiß nicht, mit wem ich verhabert sein sollte.“ Er verdient jedenfalls Kredit, da er  in vieler Hinsicht mehr aufzuweisen hat wie  Ruttensteiner, ehe der vor 18 Jahren seine erfolgreiche Arbeit begann.  Nämlich 63 Länderspiele, zwei WM-Teilnahmen, drei Meistertitel, einen Cupsieg und ein Europacupfinale mit Rapid, die Erfahrung als Trainer sowie Sportchef bei Rapid und Wr.Neustadt, als Trainer auch bei Grödig. Ruttensteiner war ein Jahr lang Cheftrainer des FC Linz, ein Jahr sportlicher Leiter des Nachwuchszentrums in Oberösterreich, zwei Jahre lang ÖFB-Sportkoordinator und U 21-Teamchef, bevor er ab 2001 als Sportdirektor  neue Strukturen schuf.

Die Schöttel als Basis benützen will, damit Österreichs Fußball den nächsten Schritt tun kann: „Von mir wird es kein böses Wort über Ruttensteiner geben.“ Aber er muss darauf gefasst sein, dass bei der Teamchefsuche jeder seiner Schritte kritisch beäugt wird.  Bei Herzog wird es garantiert unsachliche Einwände geben, wonach zwei mit  Rapid-Vergangenheit nicht künftig gleichberechtigt Teamchef und Sportchef sein könnten. Solche Theorien muss Schöttel ignorieren und überhören, einfach seinen Weg gehen, das tun, wovon er überzeugt ist. Schöttels persönliches Anforderungsprofil an den Teamchef, den er vorschlagen wird: Er muss eine Persönlichkeit mit positiver Ausstrahlung sein, wissen, wie man richtig mit den Spielern umgeht, trotzdem Klartext reden und Erfolge aufweisen können. Wobei Schöttel Erfolge nicht über Titel definiert. Eines weiß er auch, obwohl Windtner die solide finanzielle Basis des ÖFB betonte: Marcel Kollers Nachfolger muss billiger als der Schweizer sein.

 

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