Temperaturen um plus zwei Grad empfingen Mittwoch Österreichs Team bei der Ankunft in Tallinn. Für die Spielzeit am Donnerstagabend sind sogar Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und leichter Schneefall angesagt. Das letzte Gruppenspiel in der EM-Qualifikation wird sicher das kälteste des Jahres. Aber es ist keine lästige Verpflichtung, wie Teamchef Ralf Rangnick feststellte. Ein Sieg gegen Estland, die Nummer 115 der Weltrangliste, sei sogar wichtiger als der im Prestigeduell am Dienstag gegen den großen Nachbarn Deutschland. Wenn das ein gebürtiger Deutscher feststellte, klingt das zwar verwunderlich, ist aber doch nachvollziehbar. Weil nur das Estland-Spiel Auswirkungen auf die Auslosung für die EM-Endrunde haben kann.
Daher wird sich das nicht wiederholen, was vor vier Jahren passierte. Als drei Tage nach der geschafften EM-Qualifikation, dem 2:1 gegen Nordmazedonien, der damalige Teamchef Franco Foda im bedeutungslosen letzten Spiel gegen Lettland in Riga nicht die erste Garnitur brachte, unter anderem Alexander Schlager, David Alaba, Konrad Laimer, Marcel Sabitzer und Marko Arnautovic pausieren ließ, sondern damalige Reservisten einsetzte. Das änderte mit einer unnötigen, peinlichen 0:1-Niederlage, bei der vom aktuellen Stefan Posch, Max Wöber und Michael Gregoritsch spielten. Rangnick kündigte Mittwoch an, die bestmögliche Mannschaft aufzubieten. Sicher mit Kapitän Alaba zu Beginn. Wie wichtig er als Chef im Abwehrzentrum ist, sah man vor acht Monaten beim 2:1-Zittersieg in Linz, als er beim Stand von 0:1 erst zur zweiten Hälfte kam. In Tallinn solle es nicht bis zur 88. Minute dauern, bis der Siegestreffer fällt. Also auch keinen Chancenwucher wie im März geben, als der Siegestorschütze Gregoritsch nach 17 Minuten einen Elfmeter vergab.
Wer der zweite Innenverteidiger zu Alaba sein wird, ist offen. Da sowohl Kevin Danso als auch Philipp Lienhart angeschlagen sind. Falls es wider Erwarten beide nicht schaffen, einsatzfähig zu sein, gibt es die Möglichkeit, Posch bei seinem Comeback oder Wöber im Zentrum einzusetzen. Darum verzichtete Rangnick darauf, statt des Salzburgers Samson Baidoo, der mit Adduktorenproblemen ausfiel, einen Defensivspieler nachzunominieren. Rapids Leopold Querfeld, der ein heißer Kandidat gewesen wäre, wird dringend am Freitag in der U 21 gegen Gruppenfavorit Frankreich dringend benötigt. Ein Mentalitätsproblem, weil die Qualifikation bereits geschafft ist, erwartet der Teamchef keinesfalls. Weil es in den bisher 16 Spielen seiner Ära nie eines gab. ServusTV überträgt aus Tallinn live, die Experten Sebastian Prödl und Florian Klein sind vor Ort.
Im Mittelfeld und Angriff hat Rangnick keine „Beschränkungen“, Zugriff auf alle. So kann er im Angriff zwischen Gregoritsch, für den es sein 50. Länderspiel wäre, und Sasa Kalajdzic (Bild oben) wählen oder aber beide bringen. Ob Max Entrup in Tallinn oder erst Dienstag im Happel-Stadion sein Debüt feiern wird? In Tallinn gastiert Österreich erstmals seit 1997. Damals gab es in der Ära von Herbert Prohaska am Weg zur bisher letzten WM-Qualifikation, die damals noch nicht feststand, ein 3:0 (0:0), das Toni Polster zwischen der 47. und 90. Minute mit drei Treffern möglich machte. Zur Pause musste der damalige Köln-Legionär noch Schmährufe von österreichischen Fans hören. Die er am Ende prompt als „geistige Nichtschwimmer“ abqualifizierte.
Foto: ÖFB/Christopher Kelemen.