Fußball

Die Tragödie um Toni Polster: Notoperation, Intensivstation!

Dass ein ehemaliger Torjäger nach fast 40 Jahren drei Tore und drei Länderspiele einklagt, also die offizielle Verbandsstatik via Landesgericht für Zivilsachen zu seinen Gunsten ändern will, bedeutet eine Neuigkeit in der Fußball-Landschaft. Ebenso dass ein renommierter Staranwalt eine Pressekonferenz in der Kantine eines Fußballklubs aus der Regionalliga Ost, der Wiener Viktoria, abhält. Bei dem Verein, bei dem Toni Polster (Bild) nunmehr insgesamt elf Jahre Trainer ist. Um die Tore in seiner Teamkarriere geht es. Oder um Gerechtigkeit und Teile seines Lebenswerks, wie es sein Rechtsvertreter Manfred Ainedter, der gemeinsam mit dem auf Verbands-, Kartell- und Beihilfenrecht spezialisierten Alexander Hiersche von der Kanzlei Haslinger/Nagele die Interessen Polsters vertritt, formulierte. Etwas hochtrabend. Denn Polsters Lebenswerk hängt nicht an diesen drei Toren und Spielen. Da hat der 59 jährige Rekordtorschütze des Nationalteams in offiziell 95 Länderspielen mit 44 Toren schon ganz andere Highlights geliefert, die immer in Erinnerung bleiben werden. „Aber es magerlt ihm halt“, behauptete Ainedter.

Polster fehlte bei dem Medienevent. Kurzfristig erkrankt, nicht verfügbar. Zu sehen war der gemalte Polster an der Wand des Lokals oder ein Bild von ihm an der Theke. Ainedter und Hiersche zählten Ungereimtheiten rund um das 6:0 gegen Liechtenstein in Vaduz (1984), das 3:1 in Tunesien 1987 und das 1:3 gegen Marokko ein Jahr später bei einem Vierländerturniere an der Cote d´Azur auf.  Etwa, dass Liechtensteins Verband das Match zunächst als offizielles Länderspiel führte, nach Polsters „Offensive“ aber von der Liste strich. Dass in Tunesiens Länderspielbilanz die Partie mit den zwei Polster-Toren zu finden ist, in der österreichischen nicht. Dass der ÖFB zwar das zweite Länderspiel des Turners von 1988 gegen die Schweiz offiziell führt, aber nicht das gegen Marokko.  Alle Argumente gegen Polsters Ansinnen ließen Ainedter und Hiersche nicht zählen. Etwa, dass gegen Liechtenstein ein Spieler (Alfred Drabits) zur Pause ausgetauscht und im Finish wieder eingewechselt wurde. Dass gegen Tunesien ein tunesischer Linienrichter agierte. Skurril wurde es, als Hiersche auch die „Hand Gottes“ als Argument für die Polster-Tore anführte. Jenes legendäre Handtor von Diego Maradona im Viertelfinale der WM 1986 beim 2:1 von Argentinien gegen England im Aztekenstadion von Mexiko City. Das habe auch gezählt, obwohl die Regeln gebrochen wurden. Also müsste das auch für die Polster-Tore bei einem geringeren Regelverstoß gelten.

Ainedter und Hiersche behaupten, dass es keinen Unterschied zwischen inoffiziellen und offiziellen Länderspielen gebe. Für die Länderspielstatistik sei nur der nationale Verband, also der ÖFB, nicht der Weltverband oder die europäische Fußballunion zuständig. Ainedter und Hiersche wandten sich auch an FIFA und UEFA, bekamen von dort aber keine Antwort. Also muss über Polsters Klage das Wiener Landesgericht für Zivilsachen entscheiden. Man rechnet im März oder April mit der ersten Verhandlung. ÖFB-Generalsekretär Thomas Hollerer, den Ainedter quasi unter Juristen kontaktierte, wünschte alles Gute. Versicherte, FIFA-Boss Gianni Infantino habe sich bei seiner Anfrage für nicht zuständig erklärt. Von Hollerers Vorgänger Alfred Ludwig bekam Ainedter die korrekte Antwort, dass dies damals ebenso so gehandhabt wurde.  Aber das lässt der Anwalt nicht gelten.

Ihn motiviere nach eigenen Angaben bei dem ungewöhnlichen Fall der Spaß an der Freunde, einmal etwas anderes zu tun, gemeinsam mit dem Kollegen juristisches Neuland zu betreten: „Das wird keine gmahte Wies´n“ wusste Ainedter, erkannt in der Auseinandersetzung „überhaupt nichts Böses. Es geht nur darum, die Statistik richtigzustellen. Wir haben uns nichts aus dem Finger gezogen!“ Ainedter und Hiersche sehen gute Chancen, vor Gericht recht zu bekommen, wären auch bereit, in die zweite Instanz zu gehen, hoffen aber doch auf eine außergerichtliche Einigung. Die Hoffnung hat einen Namen: Klaus Mitterdorfer, der neue ÖFB-Präsident, könnte zu Beginn seiner Ära in der verbindlichen Art, für die er bekannt ist, doch eine populäre Tat setzen, statt sich auf FIFA und UEFA zu berufen, was zudem nicht richtig sei.

Donnerstagabend bekam alles eine neue, schreckliche, tragische Dimension: Polster lag nach einer Notoperation wegen Magendurchbruchs im Franz Josefs Spital auf der Intensivstation. Er wollte zu Mittag bei der Pressekonferenz dabei sein, war schon am Parkplatz, stieg kurz aus dem Auto seiner Frau aus, sackte aber gleich wider zurück. Schüttelfrost. Was nach einer Grippe aussah, wurde viel,viel schlimmer. Zeigte auf tragische Weise, was viel wichtiger ist als Diskussionen um drei Tore. Was wirklich zählt.

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