Auch in der zweiten Liga gibt´s keinen Sommer-Stillstand. Der Einstieg von Peter Stöger bei Admira/Wacker bedeutete einen Paukenschlag. Einen Tag darauf bejubelte Niederösterreich-Rivale VSE St.Pölten, dem im Kampf um den Aufstieg im Finish die Luft ausgegangen war, seine erste Neuerwerbung, über die man stolz und überglücklich ist, wie der neue Sportdirektor Tino Wawra versicherte. Es wirkt ja auch wirklich gut, wenn ein Zweiligist einen ehemaligen deutschen Cupsieger und Unter 19-Europameister verpflichtet. Aber wird der 27 jährige Marc Stendera (Bild) St. Pölten wirklich auf ein neues Level heben, wenn er sich eingelebt hat, wie Wawra es erhofft, junge Spieler nochmals besser machen? Da müsste bei Stendera vieles besser funktionieren als in den letzten Jahren.
2014 war der zentrale Mittelfeldspieler Europameister. Ab 2013 gehörte er zum Bundesligakader von Eintracht Frankfurt, er debütierte mit17 Jahren, drei Monaten und 27 Tagen. Auch 2018, als Frankfurt unter Niko Kovac durch einen 3:1-Finalsieg gegen Bayern München Pokalsieger wurde. Weil Stendera in der zweiten Runde und im Achtelfinale zu Einsätzen kam, darf er sich Pokalsieger nennen. Ab dem Viertelfinale saß er nicht mehr auf der Bank, auch nicht im Berliner Endspiel. In der Saison 2018/19 war mit Adi Hütter ein Österreicher Stenderas Trainer, ein anderer (Martin Hineregger) sein Mitspieler. Bei Hütter spielte Stendera in der Bundesliga bei sieben Einsätzen ganze 101 Minuten, die längsten gingen zweimal über 45 Minuten. In vier Spielen der Europa League kam er 102 Minuten zum Zug. Das absolute Highlight war der 17 Minuten-Auftritt beim 1:0-Auswärtssieg im Achtelfinal-Retourspiel gegen Inter Mailand.
Hütter beendete die Frankfurt-Zeit von Stendera nach 87 Bundesligaspielen, weil ihm das Tempo fehlte. Bei der vorzeitigen Vertragsauflösung gab´seine einmalige Abfindung. Von dort wechselte Stendera 2019 in die zweite Liga zu Hannover. Die Bilanz einer Saison: 17 Spiele, kein Tor, drei Assists. Danach ging´s weiter hinunter in Liga drei zum FC Ingolstadt. Dort war nach zwei Saisonen (50 Spiele, zwei Tore, acht Assists) Schluss, im vergangenen Herbst war Stendera vereinslos. Im Winter wechselte er zum Drittliganeuling Oldenburg, der mit ihm wieder abstieg. Daher konnte Stendera ablösefrei nach St.Pölten wechseln, wo er einen Vertrag bis 2025 bekam. Die Jubeltöne von Wawra verwundern. In seiner erfolgreichen Ära beim Bundesliga-Aufsteiger Blau Weiß Linz gehörte eher Zurückhaltung zu den Merkmalen.
Vielleicht war aber der Jubel in St. Pölten von höherer Stelle angeordnet. Vom deutschen Sport-Geschäftsführer Jan Schlaudraff. Denn der war 2019 Sportdirektor bei Hannover und engagierte damals Stendera. Im Jänner 2020 wurde Schlaudraff entlassen, fünf Monate später musste Stendera gehen. Also kann man den „Verdacht“ nicht von der Hand weisen, dass Stenderas Wechsel nach St. Pölten auf das Konto von Schlaudraff geht. Wawra musste offenbar jubeln.
Foto: VSE St.Pölten.