Samstag redete Rieds Trainer Andreas Heraf noch mit fester Stimme. Als er in Innsbruck erzählte, warum er die rote Karte bekam und noch in der ersten Hälfte auf die Tribüne musste. Weil er sich bei der 2:4-Niederlage gegen WSG Tirol zu sehr über eine Fehlentscheidung am Beginn der Aktion, die zum zweiten Tiroler Tor führte, aufregte: „Wer weiß, was ich gesagt habe,d er weiß, dass es nicht jugendfrei war.“ Deswegen sperrte ihn der Strafsenat der Bundesliga am Montag für das nächste Spiel gegen Austria Klagenfurt. Zwei Tage später stand fest, dass Heraf länger als nur ein Spiel auf Rieds Trainerbank fehlen und durch seinen Assistenten Christian Heinle vertreten wird.
Grund sind Probleme mit den Stimmbändern, die ihn seit Wochen plagen. Dazu kam eine Kehlkopfentzündung, eine Zyste im Hals, die bereits punktiert wurde, aber sich wieder füllte. Zur Schonung der Stimmbänder verhängten die Ärzte ein striktes Sprechverbot, an das sich Heraf unbedingt halten will. Verständlich. Aber ein Trainer, der mit seinen Spielern nicht reden kann, bringt praktisch nichts. Heraf wird Ried sicher fehlen: Im Frühjahr schaffte er mit Ried den Klassenerhalt, in dieser Saison führte er die Innviertler auf Rang vier. In 15 der 19 Spiele seiner Ära punktete Ried. Er wird abgehen und fehlen. Und wieder einmal stellt sich die Frage: Macht der Trainerstress krank? Dafür gibt es im letzten Jahrzehnt genug Beispiele von Toptrainern, die sich selbst eine Pause verordneten. Burn-out Syndrom, müde, ausgebrannt, Herzprobleme.
Die Namen: Ralf Rangnick machte 2011 bei Schalke den Anfang. Pep Guardiola hörte 2012 nach vier Superjahren beim FC Barcelona auf, weil er mit seinen Kräften am Ende war. Sein Nachfolger Tito Villanova war der tragischste Fall: Er erkrankte an Ohrspeicheldrüsenkrebs, verstarb ein Jahr später. Thomas Tuchel zog 2014 nach seiner Zeit bei Mainz und 2017 nach zwei Saisonen bei Borussia Dortmund die Notbremse, Jürgen Klopp 2015 nach seiner Erfolgsära in Dortmund. Ebenso Luis Enrique 2017 beim FC Barcelona und Zinedine Zidane 2018 bei Real Madrid. Auch Peter Stöger gestand nach seinen fünf Jahren in Deutschland, einen längeren Urlaub dringend nötig zuhaben.
Bei Heraf sind es „nur“ die Stimmbänder. Aber auch die sind ein Alarmzeichen für einen mit erst 54 Jahren. Sturms Jahrhundert-Trainer Ivica Osim war 66, als er während seiner Zeit als japanischer Teamchef einen schweren Schlaganfall erlitt, von dem er sich nicht mehr ganz erholte.
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