Fußball

Trotz 9:1 hat Foda nicht zwei gleichwertige Mannschaften

Wer nach dem Ende der ORF-Übertragung vom 4:0 in Luxemburg weiter zum ZDF schaltete, sah dort die gefasste Reaktion von Deutschlands Teamchef Jogi Löw auf das 0:1 gegen Brasilien in Berlin, die erste Niederlage des Weltmeisters seit Juli 2016. Und wie er auf die Frage, ob sich durch die sieben Umstellungen nach dem 1:1 gegen Spanien, das durch den 6:1-Kantersieg der „La Roja“ in Madrid gegen den ohne Lionel Messi spielenden Vizeweltmeiter Argentinien aufgewertet wurde, nicht gezeigt habe, dass Deutschland keine zwei gleichwertigen Mannschaften habe, rasch und bestimmt antwortete: „Wer das glaubte, der ist realitätsfremd!“  Dann gilt das erst recht für das  kleinere Österreich. Trotz der positiven Stimmung nach den ersten drei Länderspielen unter Franco Foda mit drei Siegen und  9:1-Toren, die einerseits Aufbruchsstimmung erzeugen, im Blick zurück aber auch etwas Ärger. Warum gelang es eigentlich nicht, dieses Potenzial in Österreichs erstes WM-Ticket seit 1998 umzusetzen? Die Frage, wird sich wohl auch Marcel Koller in Zürich stellen. Nur auf den Faktor mangelndes Spielglück sollte man das nicht reduzieren.

Mag sein, dass dieser Misserfolg einige aufgeweckt hat, Jedenfalls stellt sich die Perspektive durchaus positiv dar, bevor in den Duellen gegen die Weltklasseteams Deutschland und Brasilien die Stunde der Wahrheit schlägt. Speziell am 2. Juni in Klagenfurt im ausverkauften Nachbarsduell: Denn erst drei Tage später nominiert Löw sein endgültiges WM-Aufgebot, da wird es auch noch um die interne deutsche Qualifikation gehen. Sieben Umstellungen in der Startelf und ein anderes System gegenüber dem 4:0 gegen Slowenien brachten Österreich in Luxemburg nicht ins Trudeln, was sicher auch an der Gegenwehr lag.  Trotzdem versicherte  Foda mit Ausblick auf den Juni: „Angst wäre da ein schlechter Ratgeber“. Also nur nicht in Ehrfurcht erstarren.

Österreich hat keine zwei gleichwertigen Mannschaften, einerseits Luxusprobleme. anderseits Positionen, auf denen schon Unterschiede merkt. Etwa bei den Außenverteidigern. Nichts gegen Moritz Bauer und Andreas Ulmer, aber Stefan Lainer und David Alaba bringen doch mehr Dynamik mit, wodurch das Spie auch schneller nach vorne kommt, die Flügelspieler in der Offensive besser aussehen. Die größten Luxusprobleme gibt´s im Abwehrzentrum. Da gibt´s die Qual der Wahl, egal ob der Teamchef drei oder zwei Innenverteidiger aufbietet. Sebastian Prödl bestätigt mit Leistung. dass er bei Foda, seinem Förderer zu gemeinsamen Sturm Graz-Zeiten, etwas die Nase vorne hat. Ansonst bieten sich Martin Hinteregger, Aleksandar Dragovic, Stefan Ilsanker und Max Wöber an, wenn sie nach  Verletzungen wieder voll im Saft sind auch Kevin Danso und  Philipp Lienhart. Im zentralen Mittelfeld machte neben dem unumstrittenen Kapitän Julian Baumgartlinger diesmal Florian Grillitsch die bessere Figur als vier Tage zuvor Alessandro Schöpf. Nicht nur wegen seines ersten Tors im Teamdress. Grillitsch wirkt stärker als letzte Saison in Bremen und auch im Hebst bei Hoffenheim. Aber auch diese Frage zählt zur Kategorie Luxusproblem. An der rechten Flanke wird sich im Juni, wenn Marcel Sabitzer fit ist, die Frage zwischen ihm und Valentino Lazaro stellen.

Wenn Marko Arnautovic  solche „Schokoladentage“ erwischt wie gegen Slowenien und in Luxemburg, dann zählt er zur Kategorie der Spieler, die den Unterschied machen. Aber wie bei der ganzen Mannschaft ist auch beim West Ham-Legionär die Frage, ob er nicht in der Vergangenheit durch „Blödheiten“ zu viel verschenkt hat. Da kommt einem Andi Herzogs Prognose vor zehn Jahren in den Sinn, dass Arnautovic das Können zum besten österreichischen Spieler aller Zeiten habe,. Wen man ihn in einigen Aktionen zaubern sieht, dann drängt sich der Vorwurf auf: Lieber Marko, du könntest mit deinen fast 29 Jahren auf einer Stufe mit Ronaldo stehen, müsstest eigentlich bei einem internationalen Topverein spielen und nicht bei einem derzeitigen Abstiegskandidaten in der Premier League. Nur eine bessere Einstellung, mehr Konsequenz in in den  „ganz wilden Jahen“ fehlten dazu, nicht das Können. Schade.

Ein spezieller Fall in Fodas Kader ist Louis Schaub. In den letzten sechs Länderspielen  mit fünf Toren eines mehr als bei Rapid in 23 Einsätzen dieser Saison. Was das bedeuten mag? Dass Schaub bessere Mitspieler im Nationalteam hat. Dass auf internationalem Niveau mehr mit offenem Visier gekämpft wird als in der heimischen Bundesliga, Kreativspieler wie Schaub mehr Räume vorfinden, die sie nützen können. Und dass vielleicht ihm nur der Wechsel ins Ausland zum entscheidenden Schub in seiner Karriere verhelfen kann.

 

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