Fußball

Unterwegs zum größten grün-weißen Tiefpunkt aller Zeiten

Die vierte Niederlage seiner vier Wochen als Rapid-Trainer tat sicher viel mehr weh als erste im Ibrox-Park von Glasgow gegen die Rangers. Doch Didi Kühbauer (Bild oben) bewies nach dem 0:5 bei Villarreal, dass er als Trainer dazu gelernt hat. So paradox oder gar pervers das auch klingen mag. In früheren Zeiten hätte er sich garantiert in Rage geredet und damit die ganze Sache möglicherweise noch schlimmer gemacht, als sie es ohnehin schon ist. Aber Donnerstag Abend verzichtete er darauf, so schwer ihm das gefallen sein mag. Also beschränkte er sich darauf, zu sagen, das er aus den zwei Debakeln nach der Länderspielpause in Hartberg und Villarreal seine Schlüsse gezogen hat, die er aber nicht nach außen trägt, nur die Mannschaft von ihm hören wird: „Ich stelle mich der Herausforderung, im Leben ist es nicht immer leicht.“

Jetzt kann man sagen, Hartberg und Villarreal hätten endgültig gezeigt, dass die Enttäuschung Rapid nicht an Kühbauers Vorgänger Goran Djuricin lag.  Aber auch eine andere Sichtweise ist legitim: Der hinterlassene Schaden ist so groß, dass es einige Zeit brauchen wird, ihn zu beseitigen. Zeit, die es anderseits nicht gibt. Nur verschiebt sich derzeit etwas in eine andere Richtung. Von der Trainerfrage zur Sportchefdebatte. Jedenfalls mehr als zuvor. Im Sommere blieben Kritiker, die meinten, die Personalpolitik von Fredy Bickel sei problematisch, in der Minderzahl. Wies Bickel den Vorwurf entschieden und verärgert zurück,  er hätte mit Andrij Ivan, Christoph Knasmüllner  und Andrija Pavlovic nicht drei Spieler holen sollen, die bei ihrem vorherigen Klub längere Zeit nicht zum Zug gekommen waren.  Schon vor dem 0:5 redete er in einem Interview mit der Austria Presse-Agentur etwas anders, nach der Blamage gab er zu: „Es hat alles gefehlt, was eine Mannschaft ausmachen kann. Bisher zeigte sie immer eine Reaktion, wenn sie zuvor eine auf den Deckel bekam, diesmal konnte sie sich nicht zusammenraufen.“ Bickels späte Einsicht hilft Rapid jedenfalls keinen Millimeter weiter. Wenn man all seine Einkäufe Revue passieren lässt, ist die Bilanz nicht allzu positiv, um es höflich auszudrücken.

Vier Spielern wird in Villarreal sicher der  18.Februar 2016 in Erinnerung gekommen sein, das 0:6 im Mestalla-Stadion von Valencia. Auch damals half Rapid einer Mannschaft, aus seiner Krise zu finden. Nur hatte Rapid damals als Gruppensieger mehr Selbstvertrauen als jetzt, vielleicht sogar zu viel. Valencia lag in der La Liga nur auf Platz zwölf, 32 Punkte hinter dem Tabellenführer FC Barcelona. Der englische Trainer Gary Neville war genauso angezählt wie jetzt bei Villarreal Javi Calleja vor dem ersten Heimsieg seit fünf Monaten. Und dann wurde einer zum grün-weißen Henker, den keiner so richtig auf der Rechnung hatte: Santi Mina, 20 Jahre jung, zuvor in der Meisterschaft nicht einmal auf der Bank, obwohl Monate zuvor um zehn Millionen Euro von Celta da Vigo gekauft. Ihn bekam Rapid ebenso wenig in den Griff wie Donnerstag im Estadio de la Ceramica Kamerun-Stürmer Karl Toko-Ekambi oder Ideengeber Pablo Fornals. Tormann Richard Strebinger, von dem  Donnerstag mit einem Leichtsinnsfehler sozusagen das Signal zum grün-weißen Chaos kam, Mario Sonnleitner, Kapitän Stefan Schwab und Thomas Murg spielten in Valencia und Villarreal, Murg beim 0:6 nur in der zweiten Hälfte. Nachzukarten was schlimmer war, ist zwecklos.

„Hartberg war ein Tiefpunkt, jetzt ist es ein noch größerer“, gestand Schwab. Auf diese Art droht sogar der größte Tiefpunkt der grün-weißen Klubgeschichte. Der da heißen würde: In der Bundesliga kein Platz in der Meisterrunde,  im Achtelfinale des Uniqa-Cups am 31.Oktober das k.o. bei Kühbaurs Ex-Klub Wolfsberg. Dann wäre die Saison schon endgültig versaut. Aber es kann ja noch die Trendwende geben mit einem Heimsieg über Schlusslicht Admira am Sonntag als Anfang. Man kann davon ausgehen, dass Kühbauer die richtigen Schlüsse gezogen hat. Ob die Mannschaft seine Worte auch richtig versteht, bleibt die andere Frage. Die Antwort wird man Sonntag Nachmittag wissen.

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