Fußball

Wen beobachtete Ajax Amsterdams Chefscout bei Rapids 3:1?

Seinen ersten Eindruck von Rapid bezeichnete der neue Sportchef aus der Schweiz, Fredy Bickel, bei seiner Präsentation vor dem 3:1 gegen Ried als überwältigend. Da fiel  ihm der Vergleich mit dem Schweizer  Serienmeister  FC Basel ein. Mit Young Boys Bern war es Bickel allerdings nicht gelungen, Basel wirklich den Kampf anzusagen. Ob das mit Rapid gegen RB Salzburg anders sein wird? Abwarten. Titel sah er natürlich als Ziel, die Qualifikation für einen internationalen Bewerb als Minimum.  Aber dafür sieht es in der Bundesliga nicht gerade rosig aus: Rang fünf derzeit einzementiert. Zwölf Punkte Rückstand auf Sensationstabellenführer  Altach, zehn auf Titelverteidiger Salzburg, der sich mit dem 1:0 in Graz über Sturm als Favorit bestätigte, neun auf Sturm und noch immer sieben auf die Austria, trotz des violetten Umfallers in St. Pölten, wo sich Rapids Ex-Trainer Zoran Barisic übrigens nicht auf die Kandidatenliste von Sportchef Frankie Schinkels setzen ließ. Nächsten Sonntag kann im letzten Spiel des Jahres der grün-weiße Rückstand noch wachsen. Rapid gastiert beim Tabellenführer, ein heißer Tanz, egal niedrig die Temperaturen sein werden. Nicht nur wegen der Altach-Vergangenheit von Trainer Damir Canadi.

Bickel möchte anders als seine Vorgänger in Hütteldorf, Andreas Müller und Helmut Schulte, bei den Spielen auf der Trainerbank sitzen. Canadi hat damit kein Problem, „wenn Bickel  mich aushält“, wie er lächelnd feststellte. Die Probleme, die „jeder sieht“, will Bickel  erst mit Canadi besprechen, bevor er öffentlich dazu Stellung nimmt. Die Probleme Rapidss sah man auch an Beispiel Ried: Im ersten Pflichtspiel im neuen Allianz-Stadion deklassierte Rapid am 23. Juli  vor 23.600 Zuschauern die Oberösterreicher 5:0 (3:0),  fünf Monate später sahen 8000 weniger, wie sich Grün-weiß sich  im insgesamt 15. Pflichtspiel im neuen Zuhause mühte,  ein  schnelles 0:1 in ein 3:1 zu verwandeln. Wer weiß, ob dies überhaupt gelungen wäre, hätte der steirische Referee Rene Eisner nicht bei 1:1 dem Rieder Peter Zulj wegen einer angeblichen Schwalbe eine überharte zweite gelbe Karte gezeigt, die  nicht nur Rieds Trainer Christian Benbennek, sondern auch Canadi als Fehlentscheidung sah. Erst gegen  zehn Rieder  gelangen in der Rapid-Viertelstunde die entscheidenden zwei Tore. Die spielerischen Defizite blieben unübersehbar. Abwarten, wie das im Frühjahr aufsehen wird. Ob es  bei der Spielanlage mit drei Innenverteidigern und einem vierten im zentralen Mittelfeld bleibt.

Bei Bickels zweitem Besuch im Allianz-Stadion nach dem 1:0 ggen St.Pölten sass auch der Chefscout von Ajax Amsterdam auf der Tribüne.Sein Name: Henk Veldmate. Ajax-Sportdirekor Marc Overmars, der ehemalige Weltklassestürmer, schickte Veldmate nach Wien. Rapid wusste von seinem Besuch.Wem gilt das Interesse des sechsfachen Europacupsiegers, 33fachen holländischen Meisters? Zur gleichen Zeit,wie Veldmate Rapid siegen sah, verlor Ajax in Enschede gegen Twente 0:1, liegt nun drei Punkte hinter Feyenoord an zweiter Stelle. Louis Schaub, der „Hauptverdächtige“, gab seine Visitenkarte bei Ajax schon vor einem Jahr in der Qualifikation zur Champions League dank seiner zwei Tore, mit denen Rapid Ajax  in Amsterdam sensationell ausschaltete, eindrucksvoll ab. Ob Veldmate nur seine Entwicklung überprüfen sollte? Schaub spielte gegen Ried zwar nicht so eindrucksvoll wie damals in der Ajax-Arena, aber sein Pass zu Manuel Thurnwald vor dem 2:1 war sozusagen der Dosenöffner zu Rapids Sieg wie eine Runde zuvor sein Pass zu Arnor Traustason zum Goldtor gegen St. Pölten. Gegen Ried musste noch Thurnwald die Schaub-Vorarbeit  mit einem perfekten Stanglpass zu  Giorigi Kvilitaia, den der Georgier zum Führungstor nützte, fortsetzen. Veldmate unterhielt sich nach dem Match auch mit dem aus Island eingeflogenen Berater von Traustason, stellte allgemein fest: „Rapid hat ausser Schaub noch andere junge, interessante Spieler.“

Bei Schaub weiss man  allerdings, dass ein Transfer in die deutsche Bundesliga für ihn absoluten Vorrang bei Auslandsplänen hat.  Da er erst Ende September seinen Vertrag bei Rapid bis 2019 verlängerte, müsste sich für ihn seit damals  viel zu seinem Nachteil verändert haben, sollte er  einen Wintertransfer ernsthaft ins Auge fassen. Aber Bickel muss darauf eingestellt sein, in der Übertrittszeit im Jänner mehr Arbeit zu bekommen als er jetzt glaubt.

 

Foto: © FOTObyHOFER/Christian Hofer.

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