Fußball

Wie Peter Stöger über Dortmunds Scheitern und seinen Nachfolger Lucien Favre denkt

Peter Stöger sass in Wien Dienstag vor dem TV-Schirm, als sein Ex-Klub Borussia Dortmund zwei Jahre nach seinem Abschied unter seinem Nachfolger Lucien Favre durch die 0:1-Heimniederlage erneut im Titelkampf gegen Bayern scheiterte. Das verbale Nachspiel auf „Sky“ beobachtete Austrias Sportvorstand nicht mehr. Als Moderator Patrick Wasserziehr Favre (Bild oben) nach seiner Meinung zur Behauptung, mit ihm könne Dortmund keinen Titel gewinnen, ansprach und der Schweizer antwortete: „Ich weiß,wie es geht, werde in ein paar Wochen sprechen“. Weshalb im Münchener Sky-Studio Deutschlands Rekordspieler Lothar Matthäus rasch eigene Schlüsse zog: „Favre wirft hin, Niko Kovac kommt“.  Und erinnerte prompt daran, das Favre auch vorzeitig aus seinen Verträgen bei Hertha BSC Berlin und Mönchengladbach ausgestiegen war.

Das war natürlich die Vorlage für Medien, die daraus schlossen, dass Favre ein Jahr vor Vertragsende schon mit dem Kapitel Dortmund abgeschlossen habe, behaupteten, es hätte bereits in den letzten Woche Kontakte zwischen Dortmund und Ex-Bayern-Trainer Kovac gegeben, der mit seiner Malocherqualität genau in den Kohlenpott passe. Behaupteten,  Dortmund-Boss Hans Joachim Watzke könne sich kein drittes Jahr mit Favre erlauben. Letzte Saison sechs Punkte Vorsprung in der Rückrunde verspielt, diese Saison raus im Pokal (in Bremen gegen Werder), raus in der Champions League (im Geisterspiel gegen Paris St.Germain im Parc de Prince), jetzt auch raus im Titelrennen durch die Niederlage gegen Bayern . Ebenfalls in einem Geisterspiel. Damit gelang in dieser Saison kein Tor gegen Manuel Neuer.

Prompt wurden ähnliche Vorwürfe gegen Favre wie letztes Jahr laut: Zu scheu, zu unsicher, zu wenig Attacke, zu mutlos. Ähnliches musste auch Stöger in seiner Dortmunder Zeit von Dezember 2017 bis Juni 2018 hören. Er wusste von Beginn an, das Favre auf ihn folgen werde, brachte damals Dortmund von Platz acht auf Rang vier in die Champions League, daher wird Watzke immer positiv von dem Wiener reden. Stöger wiederum streitet ab, dass Dortmund ein besonders schwieriges Pflaster für Trainer sei. Natürlich verehre man dort noch Jürgen Klopp für das Double 2012 und den Meistertitel 2011, Othmar Hitzfeld für Meistertitel (1995, 1996) und Champions League-Triumph (1997): „Aber das ist normal. Bei Austria redet man jetzt auch noch vom letzten Meistertitel, der schon einige Jahre her ist, ebenso bei Rapid!“ Er sei ja damals in einer besonderen Situation gekommen: „Dortmund hatte zuvor zehn Spiele nicht gewonnen, das gab es seit Jahren nicht!“ Übrigens unter dem Holländer Peter Bosz, der zuvor mit Ajax Amsterdam im Europa League-Finale war und es derzeit mit Leverkusen trotz der Abfuhr gegen Wolfsburg nicht so schlecht macht.

Bei Stöger feierte damals der jetzt heftig umworbene Jadon Sancho mit 18 Jahren sein Debüt, auch bei ihm gab es Probleme durch Verletzungen von Kapitän Marco Reus, der den Unterschied ausmachen kann. Favre bekam in den zwei Saisonen zehn neue Spieler, darunter Hochkaräter wie den Spanier Paco Alcacer, Mats Hummels, Julian Brandt oder zuletzt im Winter von Red Bull Salzburg Erling Haaland, dazu von Juventus Emre Can. Dennoch gehört Stöger nicht zu den Zweiflern an Favres Qualitäten: „Mit Glück hätte Borussia 2:1 gewinnen können. Dann gäbe es die Diskussionen nicht. Dortmund kann sich halt schwer damit abfinden, dass man auch als Zweiter eine gute Saison spielen kann, es auch Bayern München gibt. Mit wahrscheinlich etwas mehr Qualität.“ Da ist Stöger auch von einem Ex-Austrianer beeindruckt: „David Alaba als Innenverteidiger ist total überzeugend. Vor allem macht er fast keine Fouls und gewinnt trotzdem fast alle Zweikämpfe!“

Das Nachspiel zum Schlager am Mittwoch: Favre dementierte, amtsmüde zu sein, versicherte, den Vertrag bis 2021 erfüllen zu wollen. Watzke sah keinen Anlass für eine Trainerdiskussion. Am Samstag in Paderborn  wird Favre  auf Erling Haaland verzichten müssen. Er verdrehte sich das rechte Knie. Bei einem Zusammenstoß mit Referee Tobias Stieler, für den der Ex-Salzburg-Torjäger nichts konnte. Auch nicht alltäglich.

Foto: Borussia Dortmund.

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