Fußball

Wie schafft es Didi, mit St. Pölten vor Rapid und Austria zu liegen?

Etwas mehr als 50 Kilometer liegen zwischen Hütteldorf und St. Pölten. Aber Welten bei der momentanen Stimmung: Eine breite Brust in Niederösterreich bei der bisherigen Überraschung der Saison, eine breite Verunsicherung bei Rapid nach dem missglückten Start trotz günstiger Auslosung vor dem so wichtigen Retourspiel in der Qualifikation zur Europa League gegen Slovan Bratislava am Donnerstag mit einem verärgerten Präsidenten und einem von den Fans angezählten Trainer. In St. Pölten ist hingegen angesagt, die Jubelstimmung einzubremsen: „Wir müssen am Boden bleiben“.

Der dies sagt, ist bei Rapid auf Grund seiner erfolgreichen Spielerzeiten mit Meistertitel, Cupsieg und Europacupfinale eine Ikone: St. Pöltens Trainer Didi Kühbauer. Fünf Spiele hintereinander hatte der Prügelknabe der vergangenen Saison gegen Sturm Graz verloren, Sonntag gelang trotz nur 33 Prozent Ballbesitz ein 2:0 gegen den Vizemeister. Zwei Spiele hintereinander kein Gegentor zu kassieren war vor einem Jahr unmöglich. Nur sieben Punkte in den 18 Spielen der Hinrunde 2017/18. Die hat St. Pölten schon jetzt in drei Runden geschafft. Wie macht das nur der Didi, schaffte er es, mit gefühlt einem Viertel des Budgets, das Rapid auf die Beine stellte, vor Grün-Weiß zu liegen? Und vier Punkte mehr als Austria zu haben?

Das ist zwar nach drei Runden nur eine Momentaufnahme. Aber schon bei der ersten Trainerstationen hatte es der inzwischen 47jährige geschafft, die Mannschaften rasch zu verbessern. Offenbar gelingt es ihm, ihnen seine Mentalität als Spieler, nämlich immer Vollgas zu geben, nie zu resignieren, mitzugeben. Das kann man auch als Rapid-Geist bezeichnen, den so viele grün-weiße Fans in den letzten drei Spielen vermissten. Mit Admira stieg Kühbauer auf, schaffte in der ersten Saison einen Europacupplatz, in der zweiten erst die Rettung in letzter Runde. Im Laufe dieser Zeit  kamen Admira aber Stützen abhanden. Wie Philipp Hosiner an Austria, der junge Marcel Sabitzer an Rapid. Als sich die große Sparwelle abzeichnete, ging Kühbauer von selbst. Bei Wolfsberg stieg er ein, als die Kärntner Letzter waren. Schaffte den Klassenerhalt, in der zweiten Saison lag Wolfsberg mitunter sogar auf Platz eins, kam auf einen Europacupplatz. Spielte in der dritten Qualifikation für die Europa League gegen Borussia Dortmund in der ausverkauften Klagenfurter Wörthersee-Arena. Ein Highlight der Klubgeschichte. Als es im Herbst 2015 nicht mehr so gut lief, opferte Präsident Dietmar Riegler Kühbauer. Was er danach bereute, wie er selbst zugab.

Die Wartezeit vom 25.November 2015, dem Ende in Wolfsberg, bis zum 1.April 2018, dem Amtsantritt beim Letzten St. Pölten, war für Kühbauer keine leichte. Der Job als ORF-Analytiker eine nette Ablenkung, aber für ihn nicht die Erfüllung. Bei Rapid kam er  zweimal nicht zum Zug. Als Nachfolger für Mike Büskens im Herbst 2016, als er bei einem Hearing vor dem Präsidium den „Fehler“ beging, die Lage so darzustellen, wie sie wirklich war:  Dass nämlich mit dem Kader keine großen Sprünge möglich sein werden. Was sich ja herausstellte. Mit der Entscheidung für Damir Canadi und gegen Kühbauer hatte Sportchef Fredy Bickel nichts zu tun.  Aber heuer im Frühjahr schon, als es darum ging, ob mit Goran Djuricin verlängert wird. Da gab es auch Kontakte mit Kühbauer.

Der Sonntag zufrieden feststellen konnte: „Die Spieler gehen über das Limit.“ Das hätten Djuricin und Bickel im Allianz-Stadion  auch gerne gesagt, Kühbauer holte im Sommer nur Leute, die er kannte, wie Daniel Drescher und  Issiaka Quedraogo von Admira und Wolfsberg, die ihm Freunde empfahlen, denen er wie Zoran Barisic vertraut, fand die Mixtur zwischen wichtiger Routine wie bei Rene Gartler oder Talent wie beim 19jährigen Innenverteidiger Luca Meisl, einer Salzburg-Leihgabe oder U 21-Teamspieler Manuel Haas. Und er hat mit Manfred Nastl wieder den Assistenten aus Admira-und Wolfsberg-Zeiten an seiner Seite. Beiden bringen viele Emotionen mit. Aber vielleicht wissen sie nach ihren gemachten Erfahrungen, dass es mitunter mehr bringt, Ruhe zu bewahren.

St.Pölten und Kühbauer, bisher eine große Erfolgsstory. Vom Prügelknaben, der sich über die Relegation rettete,  zu einem Geheimtipp für Platz sechs und die obere Play-off?  Wer intern darüber redet, könnte mit Kühbauer Schwierigkeiten bekommen. Er weiß, dass St.Pölten noch nicht so gefestigt ist, um von der Fortsetzung des Erfolgslaufs ausgehen zu können. Schon nächste Runde wird´s beim Aufsteiger Wacker Innsbruck sehr hart. Dort sitzt mit dem erfahrenen Karl Daxbacher einer auf der Bank, der mit St. Pölten noch eine Rechnung offen hat: 2016 führte er St. Pölten vor Favorit LASK überraschend in die Bundesliga, musste dort aber nach wenigen Monaten gehen. Vergessen hat „Sir Karl“ das noch nicht,

Meist gelesen

Nach oben