Während der Länderspielpause liefert die Bundesliga vorerst mehr Schlagzeilen als das Nationalteam. Dienstag trennten sich die Austria von Sportdirektor Manuel Ortlechner, einen Tag später überraschte Wolfsberg mit dem Ende von Trainer Peter Pacult nach nur fünf Spielen oder 30 Tagen. Es wurde als einvernehmliche Vertragslösung verkauft, in Wahrheit dürfte es aber eine Idee von Wolfsberg-Boss Dietmar Riegler gewesen sin, die man durchaus als seltsam bezeichnen kann. Weil er innerhalb eines Monats die Meinung über den 66 jährigen Trainerroutinier änderte. Am 6. Oktober hatte Pacult auf der Bruno“-Gala der Vereinigung der Fußballer Didi Kühbauer, seinen Nachfolger als Trainer des Jahres, geehrt. Kühbauer war damals Trainer von Wolfsberg, Riegler im Zuschauerraum des Wiener Globe-Theaters. Einen Tag später überraschte Kühbauer Riegler mit der Bitte um Vertragslösung, weil er zurück nach Linz zum LASK wollte. Riegler konnte ihn nicht überreden, zu bleiben, verpflichtete eine Woche später als Nachfolger Pacult, weil er einen erfahrenen Trainer wollte, von ihm überzeugt war. Das änderte sich rasch: Heimniederlage zur Premiere gegen Ried, danach in Graz Meister Sturm 3:1 bezwungen, auswärts im Achtelfinale des Uniqa-Cups Zweitligist Amstetten im Nachspiel eliminiert, in der Bundesliga daheim 0:0 gegen WSG Tirol und letzten Samstag 1:2 gegen Hartberg trotz mehr als 40 Minuten numerischer Überlegenheit, 24:7-Torschüssen und 79 Prozent Ballbesitz, den Höchstwert Wolfsbergs in der Bundesliga-Geschichte.
Für Riegler, der das Potenzial der Mannschaft sehr hoch einschätzt, wahrscheinlich sogar zu hoch, war das zu wenig. Er suchte das Gespräch mit den Spielern, hörte Vorbehalte gegen Pacult: Zu lange Traningseinheiten, zu scharfes Aktivieren am Spieltag vor der Niederlage gegen Hartberg. Klingt alles nach billigen Ausreden, aber Riegler nahm die ernst. Die Spieler, die Pacult aus gemeinsamen Zeiten bei Austria Klagenfurt kannten und schätzten, wie Nicolas Wimmer und Marcus Pink, waren in der Minderheit. Riegler redete mit Pacult, am Ende stand das rasche, einvernehmliche Ende dessen Trainerära im Lavanttal. Wer Pacult holt, weiß, wen er kriegt. Vermutungen, dass er nicht „nett“ genug zur Mannschaft war, kann man keinen Gazen schenken. Denn Vorgänger Kühbauer ist auch kein Charmebolzen. Somit gab es nach dem LASK bei Wolfsberg den zweiten Trainerwechsel dieser Saison in der Bundesliga.
Riegler hatte rasch den Nachfolger parat, der 21 Jahre jünger als Pacult ist: Den Deutschen Ismail Atalan, einen gebürtigen Kurden. Er brachte letzte Saison in der zweiten Liga Kapfenberg auf Rang drei, die beste Platzierung der Steirer seit vielen Jahren, wurde als Trainer des Jahres in der zweiten Liga ausgezeichnet. Verließ Kapfenberg aber wegen Differenzen in der sportlichen Zielsetzung. Atalans Berater Max Hagmayr bot ihn bereits im Oktober nach Kühbauers Vertragsausstieg Riegler an, der zweite Versuch war erfolgreich. Atalans größter Erfolg vor Kapfenberg: Er führte in Deutschland die Sportfreunde Lotte aus Westfalen in die dritte Liga. Bei Biochum war er 2017 zehn Spiele lang im Amt. Doppelt so viele wie Pacult in Wolfsberg. Für den das nicht das kürzeste Kapitel seiner 29jährigen Trainerkarriere war: Die 2015 bei Zavrc in Slowenien und Radnicki Nis in Serbien dauerten nur zwei Spiele. Je fünf wie in Wolfsberg waren es auch in Kroatien bei Cibalia Vinkovci. Am längsten im Amt war er bei Rapid mit Meistertitel und Auswärtssieg im UEFA-Cup gegen Aston Villa in Birmingham (209 Spiele) und bei Austria Klagenfurt, als er die Kärntner in 156 Partien in die Bundesliga und sensationell dreimal in die Meisterrunde brachte.
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