Der Rütlischwur im ÖFB-Präsidium vom Donnerstag, nichts zur Teamchefsuche nach außen dringen zu lassen, hielt nicht einmal bis Ostern. Bereits zwei Tage später wusste die Öffentlichkeit, dass Sportchef Peter Schöttel mit dem ehemaligen Schweizer Teamchef Vladimir Petkovic verhandelt hatte. Die undichte Stelle? Kein Präsident eines Landesverbands, auch Schöttel nicht. Aber es wussten auch einige von Schöttels Mitarbeiter in der Sportdirektion über seine Aktivitäten Bescheid.
Petkovic scheint der Versuch zu sein, die naheliegendste Lösung, nämlich eine österreichische, zu verhindern. Weil für manche offenbar etwas nicht gut sein kann, was naheliegend ist. Dabei spielen auch Medien mit. Die behaupten, Peter Stöger stehe für Defensivfußball. Was nie und nimmer den Tatsachen entspricht. Florian Klein brachte dies bei Servus TV ins Gespräch. Vielleicht auch deshalb, weil Stöger als Sportchef der Austria vor zwei Jahren Kleins Vertrag nicht verlängert, was mit Austrias maroden Finanzen zu tun hatte. Kleins Karriere ging danach nicht mehr weiter.
Fachlich ist gegen den 59 jährigen Petkovic nichts einzuwenden. In der Schweiz wird er als höflich, intelligent, ruhig und zurückhaltend beschrieben. Mit einem Punkteschnitt von 1,79 in 78 Partien war er zwischen 2014 und 2021 als Nachfolger der Legende Othmar Hitzfeld der erfolgreichste Schweizer Teamchef aller Zeiten. Der Österreichs Nachbarn bei der EM 2016 ins Achtelfinale führte, ebenso bei der Weltmeisterschaft 2018, drei Jahre später bei der Europameisterschaft ins Viertelfinale. Die Schweiz schaltete im Achtelfinale Weltmeister Frankreich via Elfmeterschießen aus, das im Viertelfinale gegen Spanien zum Schicksal der Eidgenossen wurde. Danach erwartete niemand, dass Petkovic aus dem Vertrag bis 2022 ausstieg. Er tat es, weil ihn das Projekt, den französischen Traditionsklub Girondins Bordeaux in drei Jahren ins internationale Geschäft zu bringen, reizte. Aber das scheiterte krachend. Nach nur vier Siegen in 23 Runden, in denen es mitunter 21 Corona-Fälle im Kader gab, einem Schnitt von nur 0, 87 Punkten pro Spiel, beurlaubte ihn Anfang Februar Klubbesitzer Gerard Lopez. Bordeaux war Vorletzter, daran hat sich auch ohne Petkovic nichts geändert.
Die Trennung hat ein Nachspiel. Lopez warf Petkovic vor, nicht im Interesse des Klubs gehandelt zu haben, was immer das auch heißen mag. Stellte an ihn und Assistent Antonio Manicone, der schon beim Schweizer Team an seiner Seite war, die Zahlungen ein. Worauf Petkovic zu Gericht ging. Laut Frankreichs Sportbibel L´Equipe verdiente Petkovic bei Bordeaux pro Monat 280.000 Euro. Und zwar netto. Somit geht es bei dem Gerichtsstreit um 8, 12 Millionen. Laut einer Klausel soll Petkovic auf die gesamte Summe einen Anspruch haben, selbst wenn er im Sommer einen neuen Job übernimmt.
Wer ein solches Gehaltsniveau gewohnt war, kann normal kein Teamchefkandidat in Österreich sein, wenn der ÖFB rund eine Million brutto pro Jahr für den Teamchef im Budget hat. Petkovic ist ein Mann, der um sein Recht konsequent kämpft. So war es auch bei Lazio Rom, seinem letzten Arbeitgeber, bevor er Schweizer Teamchef wurde. Der ihm die letzten sechs Monate, bevor er die Schweizer Nati übernahm, nicht mehr bezahlte. Petkovic ging zu Gericht und bekam Recht. Das Verfahren dauerte allerdings sechs Jahre.
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