Vorarlberg feiert ihn bereits zu Recht als erfolgreichsten Trainer des Ländles aller Zeiten. Gemeint ist Adi Hütter. Der am Tag des Play-Offs der WM-Qualifikation der Schweiz in Belfast gegen Nordirland, bei dem die Eidgenossen mit dem 1:0 durch einen falschen Elferpfiff einen eben so großen Schritt zum WM-Ticket in Russland taten wie Kroatien mit seinem überragenden Kapitän Luka Modric in Zagreb durch das 4.1 gegen Griechenland, seinen Vertrag beim Schweizer Tabellenführer Young Boys Bern vorzeitig um ein Jahr verlängerte, weil der „eingeschlagene Weg noch nicht zu Ende ist“. Dass er damit nicht in die großen Schweizer Schlagzeilen kam, störte ihn nicht.
Damit lehnte der 48jährige in de letzten drei Wochen zwei Angebote ab, die einerseits prestigeträchtiger und andererseits lukrativer waren. Zunächst sagte er ÖFB-Sportchef Peter Schöttel, der ihm Österreichs Teamchefjob als Nachfolger von Marcel Koller angeboten hatte, nach einer Bedenkzeit ab, „weil mir das noch zu früh gewesen ist.“ Und dann beendete er die Spekulationen um den Wechsel zu Werder Bremen und damit zu einem besseren Vertrag mit der Vertragsverlängerung in Bern. Dabei galt der Sprung in die deutsche Bundesliga stets als Karriereziel des ehrgeizigen und fokussierten Hütter, der schon im Jänner bei Ingolstadt als möglicher Retter im Abstiegskampf im Gespräch war. Im November half Bremens Sportchef Frank Baumann der Besuch am letzten Sonntag beim 1:1 im Schweizer Schlager zwischen Meister FC Basel und Young Boys nichts, er konnte Hütter auch mit finanziellen Argumenten nicht zum Wechsel nach Norddeutschland bewegen. Sieben Punkte Vorsprung in der Schweizer Super League gegen den ungewissen Abstiegskampf in der deutschen Bundesliga mit dem Vorletzten Werder einzutauschen, wäre auch ein großes Risiko gewesen.
Aber das war nicht der große Beweggrund von Hütter. Der 2015 bei Red Bull Salzburg trotz Doubles nicht mehr bleiben wollte. Da gab es Differenzen um die Kaderplanung, da störte ihn der Aufpasser von Sportchef Ralf Rangnick in Person von dessen schwäbischen Mentor Helmut Groß, der oft bei Training auf der Tribüne saß, mit der Stoppuhr kontrollierte, wie schnell das Umschalten von Defensive auf Offensive gelang. Hütter hatte 2015 andere Vorstellungen von Spielanlage und Personal, wollte nach dem Abgang von Sadio Mane, Alan und Kevin Kampl während der Saison, Ramalho, Tormann Peter Gulacsi, Stefan Ilsanker und Marcel Sabitzer vor der neuen nicht nur ein Ausbildungstrainer sein – daher sein Rücktritt. Offiziell in beiderseitigem Einvernehmen, in Wahrheit Hütters konsequente Linie. Wenn er nicht seine Vorstellungen umsetzen kann, dann geht er. Das nennt man Charakter, der in Zeiten wie diesen nicht selbstverständlich ist. Drei Monate später holte ihn der jetzige Rapid-Sportchef Fredy Bickel nach Bern, mit ihm harmonierte er bis zu dessen Entlassung. Auch mit Bickels Nachfolger Christoph Spycher: Die Mischung zwischen Routine und jungen Wilden passt, die Young Boys sind unterwegs, Basel zu entthronen und Meister zu werden. Das gibt man schon aus Cleverness nicht für die Chance in Deutschland, sich dort im Abstiegskampf zu beweisen, auf, wenn man einen Charakter wie Hütter hat. Zweimal führte er die Young Boys in die Gruppenphase der Europa League, aber er sieht seine Mission erst als erfüllt an, wenn er in Bern Heldenstatus genießt, wenn der erste Meistertitel seit 1996 gelingt. Er konnte die Mannschaft nach seinen Vorstellungen umbauen und verjüngen, darum bleibt er, wenn auch bessere Angebote am Tisch liegen.
Das nennt man Konsequenz. Und darum wird Hütter sicher auch später sein Ziel, in der deutschen Bundesliga zu reüssieren, in die Tat umsetzen. Und danach Teamchef in Österreich werden.