Samstag sah Damir Canadi live in Mattersburg bei Rapids nächstem Gegner, wie sein Ex-Klub Altach glücklich Rang eins eroberte. Aber einen Tag später konnte er mit seinem neuen Verein in Hütteldorf nicht verhindern, dass die Vorarlberger den Platz ganz oben wieder räumen musste. Weil Rapid mit dem unglücklichen 1:2 gegen Sturm Graz auch das dritte Match seiner Ära verlor. Drei Niederlagen in seinen ersten drei Spielen passierten zuvor noch keinem Trainer bei Grün-Weiß. Drei Heimspiele in der Meisterschaft hintereinander zu verlieren (0:2 Austria und 0:1 Wolfsberg noch unter Mike Bpskens, 1:2 Sturm) liegt bei Grün-Weiß auch schon Jahrzehnte zurück. Wann es zuletzt dreizehn Punkte Rückstand auf Platz eins und zwei, elf auf die Austria gab? Auf den violetten Lokalrivalen, mit dem 3:0 in Wolfsberg gemeinsam mit Sturm der Sieger der Runde, da Meister Salzburg mit 0:1 die erste Heimniederlage gegen Admira seit zehn Jahren bezog, vielleicht in Austrias Rekord-Meistersaison 2012/13 unter Peter Stöger. Da lag Rapid am Ende sogar 25 Puntke zurück.
Canadi rotierte viel, setzte in drei Partien insgesamt 22 Spieler ein. Sieben Umstellungen nach dem schwachen 1:2 in Salzburg, fünf nach dem 0:1 in Genk, davon eine durch Sonnleitners Sperre erzwungen. Gebracht hat das nichts. Vielleicht trugen die Wechsel, die Umstellung vom jahrelang gewohnten und praktizierten 4-2-3-1 auf ein 3-5-2 mit drei Innenverteidigern, von denen Schösswendter fast einen klassischen Libero spielt, sogar dazu bei, die Unsicherheit zu vergrößern. Jedenfalls wirkte Rapids Spiel gegen Sturm nicht gut strukturiert oder planvoll. Da wusste oft einer nicht, was der andere will. Gefahr erzeugte Rapid nur durch hohe Bälle oder Standards, herausgespielte Chancen blieben selten. Es passte zur verfahrenen Situation Rapids, dass Sturms Siegestor aus einem abgefälschten Schuss von Marc Andre Schmerböck fiel, der weit daneben gegangen wäre.
Canadis Fazit: „Wir haben alles probiert, aber es reicht momentan halt nicht. Jetzt heißt es Ruhe bewahren.“ Aber das ist bei Rapid schwerer als bei jedem anderen Klub in Österreich. Präsident Michael Krammer wird Montag Abend bei der ersten Generalversammlung im Allianz-Stadion Mühe haben, die sportliche Talfahrt dieser Saison den Mitgliedern plausibel zu erklären. Sein Argument, dass es seit Jahresbeginn keine Entwicklung nach vorne gegeben habe, ist nicht stichhaltig: Platz zwei wie am Ende der letzten Saison würden bei Rapid derzeit alle mit Handkuss nehmen. Der sportliche Erfolg ist nun einmal viel wichtiger als ein neues Rapid-Handynetz mit günstigen Tarifen für die Fans.
Canadi versucht wirklich alles, um Rapid wieder auf Linie zu bringen. Muss aber schon mit Vorwürfen leben. So erklärte Ehrenkapitön Heribert Weber im „Sky“-Studio, er habe kein System erkennen können, mit dem Rapid den Gegner hätte gefährden können. Dass Canadi dem 22jährigen zentralen Mittelfeldspieler Osarenen Okungbowa nach nur drei Trainings mit dem Kader sein Bundesligadebüt feiern ließ, sagt alles. Der 1,89 Meter-Riese mit nigerianischen Wurzeln, der bis 2018 unter Vertrag steht, hat eine eigene Geschichte: Vor vier Jahren zählte er unter Peter Schöttel zum Kader für das Europa League-Spiel in Leverkusen. Dann musste er zwei Jahre mit einer langwierigen Schambeinentzündung pausieren. Seit drei Monaten spielt er ständig bei der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Ost. Der Linksfuß kann etwas, zeigte dies auch in wenigen Szenen, aber vor dem vollen Stadion wurde er auch ein Opfer seiner Nerven. Aber allein, dass Canadi ihn dem teuersten Einkauf der Klubgeschichte, Ivar Mocinic, vorzog, sagt genug über eine falsche Transferpolitik im Sommer. Mocinic erzielte in der zweiten Hälfte statt Okungbowa nicht viel mehr Wirkung . Bei Sturm beherrschte der Serbe Uros Matic, der Bruder des Chelsea-Stars, das Mittelfeld. Sturms Sportchef Guenther Kreissl holte ihn ablösefrei aus Holland von NAC Breda. Rapid zweitteuerster Einkauf, der als Nachfolger für Florian Kainz an der linken Flanke geholte isländische Teamspieler Arnor Traustason, kam gegen Sturm als eine Art rechter Verteidiger zum Einsatz.
„Ich nehme die Situation an, bin voll motiviert“, versicherte Canadi. Mittwoch gastiert beim Schlusslicht Mattersburg (Trainer Ivcia Vastic sah in Hütteldorf live das 1:2 gegen Sturm), nächsten Samstag kommt der Vorletzte St. Pölten. Dessen Trainer Jochen Fallmann sass bei Rapids Tiefschlag auf der Pressetribüne. Wenn´s es auch gegen die Nachzügler nicht mit Siegen klappt, wird dir Situation bei Rapid noch viel dramatischer als sie es ohnehin ist. Einen Europacupplatz über die Meisterschaft zu erreichen, erscheint derzeit illusorisch. Noch eine Überraschung gab´s es in Hütteldorf: Referee Manuel Schüttengruber kam anders als in den letzten Duellen zwischen Rapid und Sturm, bei denen er Kartenspiele veranstaltete, mit einmal Gelb aus. Und das zeigte er erst in der Nachspielzeit!