ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner schaute zwei Tage vor dem ersten Play-off-Spiel um das EM-Ticket gegen Spanien in der Asia-Therme von Bad Erlach beim U 21-Team vorbei. Hörte zu, wie Teamchef Werner Gregoritsch vor den Spielern die Bilanz der Qualifikation mit Lob für seinen Kapitän Dominik Wydra („einen besseren erlebte ich bei der U 21 noch nicht“) zog und einen Ausblick auf den hoffentlich krönenden Höhepunkt machte. Als Anreiz stellte er in den Mittelpunkt, dass fünf Spieler aus diesem Jahrgang (Sabitzer, Schöpf, Schaub,Michael Gregoritsch und Lazaro) den Sprung zu Marcel Koller ins Nationalteam schafften. Den Verlust von Schöpf, Schaub, seinem Sohn und Lazaro nach den ersten fünf Spielen mit 17 erzielten Toren sah er als Grund, dass in den zweiten fünf nur noch der sogenannte Ergebnisfußball regierte.
Gegen die Spanier zu bestehen wäre etwas besonders. Speziell für einen: Philipp Lienhart, seit 2014 Legionär bei Real Madrid. Gekauft mit 18 als Rapid-Amateur vom Semifinale der U 19-EM in Budapest trotz Österreichs 0:4 gegen Deutschland. Über Reals Filiale der dritten Liga, Castilla, muss er sich hochdienen. Gemeinsam mit dem Sohn von Real Madrids Trainerikone Zinedine Zidane und dem norwegischen Wunderkind Ödegaard. Reden über Aufstiegschancen und den Alltag bei Real darf er weiterhin nicht: Da gibt´s beim weißen Ballett strenge Regeln. Aber zu Beginn seiner dritten Saison in Spanien stellt der Innenverteidiger trotzdem fest: „Ich denke schon, dass ich viel gelernt habe, abgeklärter bin, am Ball ruhiger, insgesamt besser.“ Für den „Spanier“, der aus Lilienfeld stammt, ist es wenige Kilometer von dort entfernt in St. Pölten wie ein Heimspiel, bei dem er auch die Chance hat, sich gegen die Millionen-Jungstars in Spanien in den Mittelpunkt zu stellen. Die mächtigen Sportblätter wie As oder Marca werden in St. Pölten genau hinschauen, das Spiel wird auch in Spanien im TV gezeigt. Eine Möglichkeit, auch bei Real Madrid auf sich aufmerkam zu machen: „Unter dem Blickpunkt hab ich das noch gar nicht betrachtet“, behauptete der 20jährige.
Er kennt die Qualitäten eines Marcos Asensio von Real Madrid, eines Dennis Suarez von Barcelona, von Atletico Madrids Jungstar Saul Niguez, von Bilbaos Sturmtank Williams, will da keinen herausstreichen. Zwei aus Spaniens Aufgebot gehörten bei Castilla zu seinen Nebenspielern: Der defensive Mittelfeldspieler Marcos Llorente, inzwischen an Alaves verliehen und Stürmer Borja Mayoral, inzwischen in der deutschen Bundesliga bei Wolfsburg: „Hat im Strafraum Riesenqualitäten.“ Aber dürfte dennoch Freitag nur auf der Bank beginnen. Sagt genug. Trotzdem denkt Lienhart daran, das bisher größte Highlight seiner Karriere zu schaffen. Mehr als das EM-Semifinale der U 19 in Ungarn, die U 20-WM in Neuseeland oder die Spiele mit Real Madrid heuer im Sommer in den Vereinigten Staaten gegen Bayern, Chelsea und Paris St.Germain. Gegen Chelsea in Michigan spielte Lienhart vor 104.000 Zuschauern – da wird die Kulisse am Freitag in St. Pölten wie ein Kulturschock wirken. Lienhart grinst, wenn er darauf angesprochen wird: „Na ja, ich hoffe schon, dass es einmal 5000 werden.“ Ein ebenso frommer Wunsch wie Österreichs erstes Aufstieg in die Finalrunde einer U 21-Europameisterschaft. Aber da bleibt Lienhart unbeirrt: „Unsere Chance muss darin liegen,eine Einheit zu sein.“