Fußball

Deutschland zieht vor Gericht: One Love-Binde beschäftigt mehr als Japan

Die Einknicker der Nation: Große Worte, nichts dahinter. Oder: Wir schämen uns für euch! Korrigiert diesen Fehler! Oder „Wir hätten der Fifa-Mania die Stirn bieten müssen!“ Diese mediale Begleitmusik gab es einen Tag vor dem Auftaktspiel von Deutschland bei der Weltmeisterschaft noch nie. Über zwei Seiten tobte „Bild“ über die Binden-Feiglinge, weil Manuel Neuer nicht wie zunächst geplant die One Love-Kapitänsbinde trägt, weil die FIFA sehr deutlich machte, dass sie sportliche Sanktionen verhängen wird. Über Startgegner Japan war kein Wort zu lesen. Natprlich ist es leichter, vom Schreibtisch aus etwas schlagzeilenträchtig zu sagen „sollen sie doch Neuer die gelbe Karte zeigen, sollen sie ihn doch mit Gelb-Rot vom Platz schicken und uns doch Punkt abziehen und nach der Vorrunde nach Hause schicken. als dies in der Realität zu tun.

Der Handelsriese Rewe verlegte den ohnedies schon angekündigte Rückzug als DFB-Werbepartner aus Protest gegen die FIFA, entband ab sofort den DFB von allen Werbeverpflichtungen. Der DFB reagierte, lässt den Streit eskalieren. Um „Bild“zu beruhigen? Der größte Sportfachverband der Welt will gegen die FIFA rechtliche Schritte vor dem internationalen Sportgerichtshof CAS einleiten. Es wird Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bei der sogenannten Ad-hoc-Division des CAS gestellt. Diese ist während der WM in Katar, um innerhalb von 48 Stunden zu entscheiden. So will der DFB erreichen, dass Neuer im zweiten Spiel gegen Spanien am Sonntag die „One Love“-Binde tragen darf, ohne dass er eine gelbe Karte oder die Mannschaft einen Punkteabzug befürchten muss. Der Antrag würde sich auf alle deutschen Spiele bei der WM beziehen. Ob der Antrag Chancen hat? England, Holland, Wales, die Schweiz, Dänemark und Belgien schlossen sich der deutschen Aktion nicht an. Den Belgiern verbot die FIFA sogar das Trikot mit dem Aufdruck „Love“ hinten auf der Innenseite des Kragens.

Ja, Weltmeister will Deutschland auch noch werden. Teamchef Hansi Flick war 2014 Assistent von Jogi Löw, als dies gelang, Was nach an den letzten Triumph erinnert: So wie in Brasilien entschied sich Deutschland für ein abgeschiedenes Quartier. Damals war es das eigens errichtete „Campo Bahia“, in Katar ist es das abgeschiedenen Zulal-Ressort mitten in der Wüste, zwei Stunden von Doha entfernt. Top-Favorit ist Deutschland aber sicher keiner. Weil es Zweifel an der zentralen Achse gibt, die Flick für elementar hält. Ob das Abwehrzentrum mit Antonio Rüdiger, bei Real Madrid in der Hierarchie der Innenverteidiger die Nummer drei hinter Österreichs Kapitän David Alaba und dem Brasilianer Eder Militao ist, und dem stets übergewichtig wirkenden Niklas Süle genug Qualität hat? Ob das Fehlen des klassischen Mittelstürmers nach dem Ausfall von Timo Werner ein Problem wird? Bayerns Routinier Thomas Müller oder Kai Havertz von Chelsea sind die Kandidaten als Spitze, Debütant Niclas Füllkrug wäre die Möglichkeit, wenn die „Brechstange“ nötig sein sollte. Der Ausfall von Leroy Sane wegen einer Knieverletzung wird zu verkraften sein. Japan hat die Bestbesetzung zur Verfügung. Mit acht Legionären aus der Bundesliga, darunter Daichi Kamada, eine Stütze bei Oliver Glasners Eintracht Frankfurt.

Auch für Belgien, Österreichs Gegner in der kommenden EM-Qualifikation, geht´s am Mittwoch los. Gegen Kanada mit Bayern Münchens schnellem Linksfuß Alphonso Davies. Für die Kanadier ist es das erste WM-Spiel seit 1986. Österreichs Teamchef Ralf Rangnick, derzeit beim „Perspektivlehrgang“ in Kroatien, hat noch nicht entschieden, ob er zu den weiteren Gruppenspielen Belgiens gegen Marokko und Kroatien nach Doha fliegt. So wie Deutschland hat auch Belgien Mittelstürmersorgen: Romelu Lukaku fällt wegen Kniebeschwerden für die ersten zwei Partien aus. Der Ersatzmann war 2018 ein Schützling von Peter Stöger und Austrias Trainer Manfred Schmid bei Borussia Dortmund: Michy Batshuayi, aktuell bei Fenerbahce Istanbul unter Vertrag.

Foto: DFB.

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