Fußball

Elf am Zahnfleisch und ein „unfassbares Talent“ zum Schnuppern

Alle Diskussionen, ob zwei Länderspiele nach den vielen englischen Wochen in den letzten fünf Monaten noch einen Sinn haben, gehen an der Realität vorbei: Die Nationen, die zur UEFA-Zentralvermarktung gehören und sich nicht für die WM in Katar qualifizierten, sind verpflichtet, in dieser Woche zwei Länderspiele auszutragen. Daher trifft Österreich im Rahmen des Trainingslagers in Marbella, wo das Team im WestInn La Quinta Hotel abstieg, Mittwoch in Malaga auf Andorra und Sonntag im Wiener Happel-Stadion auf Europameister Italien. Dass Teamchef Ralf Rangnick das „Duell“ gegen den Fußballzwerg Andorra lieber abgesagt hätte, gilt als offenes Geheimnis. Das Match gegen die Squadra Azzura hätte ihm gereicht.

Das ist auch nachvollziehbar. Denn elf von 24 Spielern aus seinem Kader, sieben Legionäre und vier aus der heimischen Bundesliga, gehen derzeit nach der monatelangen Dreifachbelastung am Zahnfleisch, weil sie praktisch keine Pause hatten. Die Legionäre sind Kapitän David Alaba, die Freiburger Philipp Lienhart und Michael Gregoritsch, Gernot Trauner, der mit Feyenoord Rotterdam als Erster der Eredivisie mit je drei Punkten Vorsprung auf Ajax Amsterdam und PSV Eindhoven in die Winterpause ging, Philipp Mwene, Xaver Schlager und Florian Kainz. Dazu von Red Bull Salzburg Max Wöber, Nicolas Seiwald und Junior Adamu sowie Neuling Alexander Prass von Sturm Graz. Wäre logisch, wenn Mittwoch gegen den 151. der Weltrangliste einige pausieren dürfen oder nur eine Hälfte spielen.
Nicht in Marbella dabei sind entgegen den Planungen Tormann Daniel Bachmann, Mainz-Stürmer Karim Onisiwo und Wolfsburg-Legionär Patrick Wimmer. Bachmann erhielt wegen einer entzündeten Achillessehne von Watford keine Freigabe, Onisiwo erlitt Sonntag im Derby gegen Eintracht Frankfurt eine Fußverletzung, Wimmer plagt ein grippaler Infekt. Die „Nachfolger“ sind im Tor Rapids Niklas Hedl, der erstmals zum Teamkader gehört, Muhammed Cham von Clermont sowie das laut Bayern-Trainer Julian Nagelsmann „unfassbare Talent“ Paul Wanner (Bild oben), der am 23. Dezember 17 Jahre jung wird.  Wanner sollte erst nächste Woche beim „Perspektivlehrgang“ erstmals unter Rangnick in Pula trainieren, jetzt passiert es schon in Spanien. Wanner spielte im Herbst bei Bayern elf Minuten in der Bundesliga, 34 in der Champions League.

Deutschland und Österreich kämpfen um den künftigen Teamspieler Wanner. Er soll bei der „Schnupperwoche“ Rangnick und seine Stuff näher kennenlernen, ebenso die Abläufe bei Österreichs Team. Hintergrund ist der Kampf um das Offensivjuwel mit Deutschland. Die Mutter des in Dornbirn geborenen Wanner ist Österreicherin, das Vater Deutsche. Er besitzt beide Staatsbürgerschaften, spielte 13 mal in Deutschlands U17, zweimal in der U-18. Dass er jetzt bei Österreichs Team trainiert, erstaunte die deutschen Medien, in denen man von einem Rangnick-Coup lesen konnte. Abgeklärt ist mit allen Beteiligten, auch mit Bayern und dem Deutschen Fußballbund, dass Wanner weder gegen Andorra noch gegen Italien für Österreich debütieren wird. Er und seine Eltern haben „Bedenkzeit“.

Gestern war Wanner mit Alaba, Marcel Sabitzer, den Bologna-Legionären Marko Arnautovic und Stefan Posch im Lear-Jet von München nach Marbella unterwegs. Alaba, Sabitzer und Arnautovic hatte sich Sonntag das erste National Football League-Spiel auf deutschem Boden zwischen Tampa Bay mit Superstar Tom Brady und Seattle nicht entgehen lassen.

 

Foto: DPA.

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