Als Donnerstagabend nach Rapids unerwartetem 1:0gegen Fiorentina alle Interviews und die Pressekonferenz vorbei waren, setzte sich Zoran Barisic mit seinem Trainerteam nochmals auf die Betreuerbank. Hörte dort mehr als eine Stunde nach Schlusspfiff die Siegesgesänge der begeisterten Fans hinter ihrer Tribüne, genoss das alles. Tags darauf bezeichnete Barisic das Szenario als „einzigartig“. Es war ein Abend, bei dem alles passte. Angefangen von der Übergabe eines Schecks über 17.000 Euro zugunsten der Hochwasseropfer in Kärnten und der Steiermark an die Caritas. Allein 4000 brachte die Versteigerung des Trikots mit der Nummer neun und der Schuhe, mit denen Guido Burgstaller zwei Wochen davor beim 0:0 gegen Debrecen spielte. Trikot und Schuhe des Kapitäns vom Prestigesieg gegen „La Viola“ hätten wahrscheinlich das Doppelte gebracht. So überschwänglich war die Stimmung am Ende, als sich die grün-weißen Sieger von den Fans verabschiedeten.
„Bei Rapid ragte Marco Grüll heraus. Barisic fand den richtigen Schlüssel, die Viola enttäuschte“, stand Freitag in Italiens rosa Fußballbibel „La Gazzetta“ zu lesen. Im „Corriere della Sport“ wurden die Verlierer als zu langsam, nervös und naiv kritisiert. Vorwürfe, die Rapid in ähnlicher Form eineinhalb Wochen davor nach der Heimpleite gegen Hartberg zu hören bekam. Im Fußball geht´s schnell mit dem Wechselbad der Gefühle. Es wäre nicht Rapid, würden auf den unvergesslichen Abend Spekulationen folgen. Etwa, dass der Transfer des 21 jährigen Linksaußen Thierry Gale praktisch schon fixiert wurde. Der steht beim georgischen Tabellenfünften Dila Gori, den Rapid vor acht Jahren mit Barisic als Trainer in der Qualifikation zur Europa League ausschaltete, unter Vertragstammt von der Karibikinsel Barbados. Soll 700.000 Euro Ablöse kosten. Die sich Rapid durch die Einnahmen aus den Play Offs gegen Fiorentina leisten könnte. Aber besteht eine Notwendigkeit für einen fünften Sommerkauf, vor allem auf dieser Position? Barisic behauptete, er wisse nichts davon, dass ein Transfer bevorsteht. Sportchef Markus Katzer machte bisher kein Geheimnis daraus, dass der aktuelle Kader für ihn einen möglichen Tanz auf drei Hochzeiten in Bundesliga, Cup und Conference League nicht hergibt. Ob der Sieg gegen Fiorentina seine Meinung geändert hat? Auch im Abwehrzentrum scheint trotz des Ausfalls von Nenad Cvetkovic, der den Sieg von der Tribüne aus verfolgte, erst Montag operiert wird, kein Handlungsbedarf gegeben.
Gale zu holen, könnte man überlegen, wenn Grüll am letzten Tag der Transferzeit, einen Tag nach dem Retourspiel im Stadio Artemio Franchi von Florenz, das eine Kapazität für 43.000 Zuschauer hat, Rapid verlassen sollte. Für den Verdacht um den Siegestorschützen sorgte der Besuch des Scouts von Premier League-Klub Brentford im Weststadion. Fakt ist, dass die Engländer bereits seit Wochen um Fiorentinas Argentinier Nicolas Gonzalez verhandelten. Ob sie nach den Erkenntnissen von Donnerstag auf Grüll „umbuchten?“
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