Es gab schon Zeiten, da hatte Österreich wesentlich mehr Einfluss in Europas Fußballszene als derzeit oder in den letzten Jahren. Bei der Gründung der UEFA 1954 wurde Österreichs Präsident, der ehemalige Justizminister Josef Gerö, Vizepräsident. Ein Jahr später stieg der erste UEFA-Kongress in Wien. Beim zweiten, 17 Jahre später, wurde Gerös Sohn Heinz als ÖFB-Präsident ins Exekutivkomitee gewählt, war in Folge auch wie sein Vater Vizepräsident. Zu diesen Zeiten passierte auch keine wichtige Entscheidung des UEFA- Schiedsrichterkomitees ohne den Österreicher Fritz Seipelt. Derzeit hat Österreich bei den Referees praktisch null Einfluss. Ex-Topreferee Konrad Plautz hat zwar einen guten Job bei der UEFA als Überwacher der Schiedsrichter und Mentor für Jung-Referees, aber der Tiroler kann auch nicht helfen, dass Österreichs Topreferee Harald Lechner eine Chance in der Champions League bekommt. Die er durchaus verdienen würde, wenn man sieht, wer in der Champions League pfeifen darf.
Einen Österreicher im Exekutivkomitee gab es nach Gerö erst wieder 2007, als Friedrich Stickler bis zum Ende der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz als Präsident des ÖFB kooptiert wurde. Jetzt kommt das Exekutivkomitee seit neun Jahren ohne Mitglied aus Österreich aus. In diversen Gremien ist Rot-Weiß-Rot aber schon vertreten: Kärntens Ex-Präsident Thomas Partl ist Vorsitzender des Diziplinarkomitees, Tirol Verbandschef Josef Geisler fungiert als „Ethikinspektor“ des Disziplinarkomitees, Ex-ÖFB-General Alfred Ludwig gehört dem Komitee für Wettbewerbe der Nationalmannschaften an, sein Nachfolger Thomas Hollerer sitzt in der Kommission für den Status von Transfers von Spielern sowie für Spieler-und Spielvermittler. ÖFB-Präsident Leo Windtner ist zweiter Vizepräsident der HatTrick-Kommission, die Infrastrukturprojekte in den Mitgliedsverbänden einsetzt und die Durchführung überwacht. Beim letzten FIFA-Kongress in Bahrain stand Windtner auf der UEFA-Liste für das Berufungskomitee der FIFA, wurde aber vom Weltverband nicht akzeptiert und nominiert. Die Gründe dafür blieben bisher unbekannt. Zum Komitee gehören jetzt Vertreter der Färöer, aus Venezuela, Guam, Papua-Neuguinea, Fidschi, Katar und den Turks-Inseln.
Zum einflussreichsten Österreicher in FIFA-und UEFA-Kreisen entwickelte sich heimlich, still und leise der Salzburger Rechtsanwalt Herbert Hübel. Die erste Tätigkeit für den ÖFB war 1990 bei der WM in Italien als Dolmetsch für die Delegation. Hübel spricht unter anderem perfekt italienisch. Seit 16 Jahren ist er Präsident des Salzburger Verbands, er gehört auch Österreichs Olympischen Komitee an. Von ihm kam die einzige Gegenstimme zu Windtners Wiederwahl im Juni. Jetzt kam er auf Initiative des griechischen UEFA-Generalsekretärs Theodore Theodoridis ins Normalisierungskomitee, das die FIFA für Griechenland ins Leben rief. Das die Tagesgeschäfte des in Straucheln geratenen griechischen Verbands EPO übernehmen, den praktisch neu aufstellen soll. Beim Weltverband fand der Theodoridis-Vorschlag offene Ohren. Mehr noch, Hübel wurde sogar Präsident des Normalisierung-Komitees. Ist somit der Gesprächspartner der griechischen Politiker, sprich von Sportminister Stavros Kontoris. Da kann sich Hübel durchaus gebauchpinselt fühlen.
Bei der UEFA gehört er nicht nur zum Rechtskomitee, sondern auch zur Kompliance-Abteilung. Die dafür zuständig ist, zu überwachen, dass die UEFA-Regeln auch eingehalten werden. Unter anderem das Financial Fairplay der Klubs. Was nach dieser Transferzeit des Wahnsinns besonders brisant ist. Damit gehört Hübel auch zum Umfeld des slowenischen UEFA-Präsidenten Aleksandar Ceferin. Eigentlich kann das für Österreich nur gut sein.