Kann sich Österreichs 97-facher Teamspieler Aleksandar Dragovic trotz seiner serbischen Wurzen derzeit im rot-weißen Dress von Roter Stern Belgrad mit dem Schriftzug des russischen Gas-Riesen Gazprom auf der Brust wohl fühlen? Die Frage stellt sich auf Grund des von Russland geführten Ukraine-Kriegs, der von Serbiens Politik nicht verurteilt wird, und seiner Vergangenheit in der ukrainischen Hauptstadt. Von 2013 bis 2016 hatte der 30 jährige eine erfolgreiche Zeit bei Dynamo Kiew, fand dort auch einige Freunde. In der Zeit gab es auch die Revolution in der Ukraine. Wer Dragovic etwas kennt, mit ihm gemeinsam am berühmten und geschichtsträchtigen Maidan-Platz in Kiew stand, in dessen Nähe er wohnte, kann sich vorstellen, dass ihn das aktuelle Geschehen sehr belastet.
Am Sonntag beim 2:1-Sieg im Belgrad-Derby gegen Partizan zeigten die Roter Stern-Fans eine riesige Choreo mit Särgen auf blau-gelbem Hintergrund. Blau und gelb sind die Farben der Ukraine. Wollten sie damit die Ukraine verhöhnen? Mittwoch beim 3:0-Auswärtssieg von Roter Stern über FK Vodzvac war das Stadion praktisch leer. Mit Ausnahme des Gästesektors. In dem skandierten Roter Stern-Fans unüberhörbar „Russia, Russia, Russia“-Sprechchöre. Ein Skandal.
In Deutschland löste Schalke 04 den Vertrag mit Gazprom, in Österreich lässt Austria die Young Violets nicht mehr mit dem Gazprom-Schriftzug auf den Trikots spielen. Bei Roter Stern blieb er drauf: „Ohne Gazprom würde es den Klub wahrscheinlich gar nicht mehr geben“, behauptete Zvezdan Terzic, der Geschäftsführer von Stern, erkannte in Europa eine „antirussische Hysterie“, bei der Roter Stern nicht mitmachen werde: „Unsere Fans werden nie vergessen, was Gazprom für uns alles getan hat.“
Nächsten Donnerstag stehen Roter Stern Belgrad und seine Fans aber in der europaweiten Auslage. In der Europa League gegen die Glasgow Rangers. Was wird da passieren? Sicher ist, dass Dragovic weiter spielen muss. Egal, wie er sich fühlt. Sonst begeht er einen Vertragsbruch. Anderseits passt es wirklich nicht zu Dragovic, seine Mitspieler im Stich zu lassen. Jedes Wort, dass er zu der für ihn problematischen Situation sagt, könnte eines zu viel sein.
Foto: Roter Stern Belgrad.