Fußball

Locker in nächste Herausforderung: Würde Thalhammer das Frauen-Wunder auch mit den Herren schaffen?

Sportminister Hans Peter Doskozil, Mittwoch in Rotterdam bereits Augenzeuge des Aufstiegs der Fussballfrauen ins Viertelfinale der Europameisterschaft, kündigte sein Kommen auch für den Sonntag an, wenn es ab 18 Uhr in Tilburg gegen Spanien um den Einzug ins Semifinale, unter die vier besten in Europa, geht. Um die mögliche Fortsetzung des Frauen-Wunders im ORF live zeigen zu können, wurde erstmals der Anpfiff eines TV-Livespiels der Bundesliga, im konkretem Fall Austria gegen Sturm, vorverlegt. Das wäre vor zwei Wochen undenkbar gewesen. Ebenso, dass höchstwahrscheinlich erstmals über eine Million TV-Zuseher die Frauen sehen wollen. Beim 3:0 gegen Island fehlten nur „mickrige“ 1000 dazu. Auch die deutsche ARD zeigt erstmals Österreichs Damen live. Weil der Sieger aus ihrem Viertelfinale Donnerstag in Breda auf Titelverteidiger Deutschland treffen würde, wenn der im Samstag wegen Dauerregens in Rotterdam auf Sonntag verlegten Viertelfinale Dänemark schlägt.  Das Nachbarsduell wäre die Erfüllung eines rot-weiß-roten Traums, wie Sportchef Willi Ruttensteiner gestand. Gar nicht zu denken an ein mögliches „Cordoba“ in Frauen-Version.

Silvia Neid, die ehemalige erfolgreiche deutsche Langzeit-Teamchefin, kritisierte zwar dieser Tage das schwache spielerische Niveau der Europameisterschaften, lobte aber explizit das jüngste Team, also die Österreicherinnen: „Ein guter Trainer, eine gute Fitness, erfolgshungrig, unbekümmert“. Ja, der gute Trainer. Dominik Thalhammer, den auch seine Spielerinnen als Vater des Wunders hervorheben. Seine Kompetenz, seine angenehme, lockere Art ohne Hektik. Sie vertrauen ihm, auch das richtige Rezept gegen die Spanierinnen mit ihrer Starspielerin Jenni Hermoso von Champions League-Finalist Paris St. Germain zu finden, so gerüstet in die nächste coole Herausforderung zu gehen. „Die Spanierinnen hatten auch gegen Schottland mehr Ballbesitz“, meinte Carina Weninger, die Innenverteidigerin von Bayern München, „aber trotzdem verloren.“ Kann man also davon ausgehen, dass die Österreicherinnen Sonntag nicht auf viel Ballbesitz aus sein werden.

Alles nur auf Grund des Ergebnisses zu bewerten, das empfindet der 46jährige Thalhammer als oberflächlich, lehnt er ab. Für den akribischen Arbeiter steht die Leistung über allem, daher kann er auch Niederlagen positive Seiten abgewinnen. Das war auch schon vor 13 Jahren so, als er bei der Admira als jüngster Trainer der Bundesliga auf der Bank sass. Aber jetzt glaubt man Thalhammer mehr als damals. Etwa, dass  er die Niederlagen in den Vorbereitungsspielen gegen England und Holland nicht so schlimm, sondern fast als notwendig sah, weil die Tests gegen stärkere Teams ihm dazu dienten, neue Sachen auszuprobieren. Die sich am Weg zum Gruppensieg bei der Europameisterschaft bewährten. Stichwort Systemwechsel während des Spiels gegen Island. Nicht nur einmal. So wird´s auch gegen Spanien sein. Einmal Viererabwehr, dann wieder Fünferkette. Und vor allem kompakt stehen. Wenig Raum den Spanierinnen lassen.

Die Frage, ob er sich zutraut, Erfolge wie mit den Frauen auch mit den Herren zu schaffen, stellte in Holland Thalhammer noch keiner. Er glaubt, bei den Männern an der Kommunikation  gescheitert zu sein, jetzt sensibler im Umgang und in der Wortwahl zu sein. Ob es der „Frauenversteher“ nochmals bei den Herren probieren will, ist aber derzeit kein Thema, keine Überlegung wert. Verständlich. Jetzt geht es nur darum, das rot-weiß-rote Frauenwunder zu prolongieren. Rekordschützin Nina Burger (48 Tore in 90 Länderspielen), Laura Feiersinger, Virginia Kirchberger und Sarah Zadrazil spielen gegen den 13. der Weltrangiste mit der gelben Gefahr: Eine gelbe Karte würde die Sperre für das Semifinale bedeuten. Aber bremsen läßt sich davon garantiert keine.

 

 

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